Grafik: derStandard.at
er sagte immer "morgen", "tag", "abend" oder "mahlzeit". das "gute" oder "guten" ließ er vorsorglich weg. denn er war sich nie sicher, ob er jemandem, ob freund oder feind, einen guten morgen, tag oder abend wünschen sollte oder wollte. einen "schlechten" zu sagen wäre in unserer hinterfotzigen gesellschaft unmöglich, weil eben ganz ungewohnt, unüblich oder ungehörig. jemanden eine gute oder gar gesegnete mahlzeit zu wünschen (warum nur eine?), gliche nicht nur halb einem politischen bekenntnis, sondern wäre angesichts des übergewichts der mehrheit des bekanntenkreises eine glatte unhöflichkeit,wenn nicht gemeinheit.

bei weihnachten und neujahr ließ er allerdings das "frohe" und "gute" nie weg, denn froh hielt er in diesem zusammenhang für einen aufgelegten schwachsinn und gut kommt ja für ein ganzes jahr ohnehin nicht in frage, so dass man solche wünsche, bei aller häme, nur als minimalste höflichkeitsform gelten lassen konnte.

außerdem: wieso weihnachten froh und ostern fröhlich sein sollten, ist eine sache der festtage selbst und geht die leute nichts an. bei geburtstagen tat er sich leicht, das "viele jahre" nahm an glaubwürdigkeit mit dem alter von selbst ab, so dass sich der bewünschte jeweils seinen teil denken konnte. überhaupt hat wünschen eine fraktale wenn nicht hybride ambivalenz in heterogonalen kontaktdefekten, vor denen man sich möglichst drücken sollte. (Friedrich Achleitner/ DER STANDARD, Printausgabe, 7./8./9.4.2007)