Der Deutschunterricht hilft den Flüchtlingen, den Alltag in Österreich besser zu meistern; viel Wert wird bei der Caritas auf Normalität gelegt.

Foto: Standard/P. Lichtenegger, V. Nikolai
Wien - "Integration ist dann gelungen, wenn der Flüchtling sich in Österreich zu Hause fühlt", ist Nurten Yilmaz, Landtagsabgeordnete und Gemeinderätin der SPÖ Wien, im Gespräch mit dem Schüler-Standard überzeugt. Aufgrund extrem langer Wartezeiten und der Ungewissheit über eine positive Rückmeldung der Behörden, wird der Alltag vieler Asylwerber zur Bewährungsprobe.

Laut dem UNO-Flüchtlingskomissariat UNHCR verließen im Jahr 2006 rund 8,7 Millionen Flüchtlinge aus verschiedenen Gründen ihr Heimatland, um in einem anderen Staat Sicherheit und eine viel versprechendere Zukunft zu suchen. Oft sind es Kinder oder Jugendliche, die sich monate- oder sogar jahrelang alleine durchschlagen müssen.

"In Krisengebieten schicken viele Eltern ihren ältesten Sohn mit allen zur Verfügung stehenden Geldmitteln auf die Flucht", weiß Heinz Fronek von der Asylkoordination Österreich aus langjähriger Erfahrung. Er bereitet jugendliche Flüchtlinge, meist aus Tschetschenien, Serbien und Afghanistan, auf den Arbeitsmarkt vor.

Die großen Hoffnungen, die Jugendliche in ihre Zukunft in Österreich setzen, unterscheiden sich oftmals drastisch von der Realität und führen zu Enttäuschungen. Denn ohne Asyl sind sie weder in Österreich noch in ihrem ehemaligen Heimatland erwünscht. Dass Asylwerber in Österreich keine Arbeitsgenehmigung erhalten, erschwert die Integration zusätzlich. Auch Sprachprobleme und die mangelnde Toleranz vieler Österreicher gegenüber den Flüchtlingen lässt das Selbstbewusstsein der Immigranten schwinden.

Einrichtungen wie das Caritas-Flüchtlingsheim in der Wiener Robert-Hamerlinggasse nehmen Verfolgte und Vertriebene bei sich auf und versuchen, durch ein menschliches Umfeld und viel Verständnis die Migranten in die Gesellschaft zu integrieren. Aktuell beherbergt das Heim 140 Personen, die sich jeweils zu sechst eine kleine Wohnung mit zweckmäßiger Küche teilen.

Geordneter Alltag

"Dass Flüchtlinge den ganzen Tag nichtstuend im Bett herumliegen, ist natürlich nicht wahr", räumt die stellvertretende Leiterin Karin Rotter ein weit verbreitetes Vorurteil aus dem Weg. Der Leiter Peter Steinkellner erklärt: "Ein geregelter Alltag ist sehr wichtig." Der Tagesablauf der Heimbewohner ist mit organisatorischen und gesundheitlichen Terminen sowie Haushaltspflichten ausgefüllt. Für Jugendliche besteht auch die Möglichkeit, im spielerischen und kreativen Unterricht die deutsche Sprache zu lernen.

Die Tatsache, dass ein Asylverfahren bis zu zehn Jahre dauern kann, findet Yilmaz erschreckend. Diese zeitliche Verzögerung erklärt sie sich "auch mit Personalmangel". Sie sieht die Aufnahme von Flüchtlingen aber keineswegs als Belastung für Österreich, sondern als "menschliche und globale Verpflichtung". (Mathias Mayrhofer Anna Nömair/DER STANDARD Printausgabe, 17. April 2007)