Bauernbunddirektor Fritz Kaltenegger

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Standard: Sie befürchten, dass die Gentechnik-Freiheit in der österreichischen Landwirtschaft wieder an der Kippe steht. Warum?

Kaltenegger: Wir sind hellhörig geworden, als wir erfuhren, dass es eine Mitteilung der Kommission an den Rat zum Thema Gentechnik in der Landwirtschaft gibt. Da geht es darum, dass in der Bevölkerung bewusst gemacht werden soll, wie Gentechnologie bei Energiepflanzen eingesetzt werden kann. Das ist die Vorbereitung für weitere Schritte der Kommission, Gentechnik in Europa voranzutreiben.

Standard: Solche Versuche gab es doch schon oft.

Kaltenegger: Jetzt aber wird versucht, das Ganze über den Wettbewerbsrat anzustoßen. Das ärgert mich. Bis jetzt war Gentechnik ein Umweltthema und wurde im Umweltrat behandelt. Es war keine Frage der Wettbewerbsfähigkeit. Ich möchte nicht, dass so die österreichische Gentechnik-Strategie ausgehöhlt wird. Das will die Landwirtschaft nicht und der Konsument auch nicht.

Standard: Aber ist diese Haltung nicht doch zu kurz gedacht? Durch den Klimawandel, der in der Landwirtschaft zu Wassermangel führen könnte, und durch den vermehrten Anbau von Energiepflanzen müsste doch eigentlich für GVO-Pflanzen ein vernünftiger Bedarf da sein. Abseits von Lebens- und Futtermitteln.

Kaltenegger: Die Bauernschaft hat großes Interesse daran, mit nachwachsenden Rohstoffen an der Lösung des Energieproblems mitzuarbeiten. Aus Verantwortung für die Gesellschaft heraus - und weil dies neue Einkommensquellen für die Bauern erschließt. Wir haben in Österreich insgesamt 105.000 Hektar im EU-Stilllegungsprogramm. Das ist nach den rechtlichen Bestimmungen für Energiepflanzen nutzbar. Das sollten wir auch tun, bevor wir über das Thema Gentechnik zu diskutieren beginnen.

Standard: Es gibt aber bereits jetzt starke warnende Stimmen, die sagen, dass die europäischen Flächen dafür überhaupt nicht ausreichen. Dass Biodiesel und Biosprit der falsche Weg sind, weil man auch Wasserverbrauch und Düngung einberechnen muss.

Kaltenegger: Bei Biodiesel aus Raps stimmt das vielleicht, aber man muss die Sache im Energiemix denken. In Österreich rechnen wir damit, dass wir bis 2010 für die Energieproduktion, also Strom, Wärme und Treibstoffe, ein Sechstel der Ackerfläche, das sind 230.000 Hektar, bewirtschaften können. Damit erreichen wir die Beimischungsziele bis 2010, und da sind die Möglichkeiten aus der Forstwirtschaft noch gar nicht eingerechnet.

Standard: Bis 2010 ist aber nicht mehr lange hin. Was dann?

Kaltenegger: Dann ist einmal eine gute Basis geschaffen. Wenn dann gleichzeitig Energiesparmaßnahmen wie Wärmedämmung auch greifen, dann sind wir schon sehr viel weiter auf dem Weg zu einer Lösung.

Standard: Eine andere Frage: Bei den Versuchen, mehr Transparenz in die EU-Agrarförderungen zu bekommen, schaltet Österreich immer auf stur. Warum wird nicht offen gelegt, wer wie viel bekommt?

Kaltenegger: Wir sind für Transparenz, und wir haben auch ein sehr transparentes System. Etwa den Grünen Bericht.

Standard: Da steht aber nur drinnen, für welche Maßnahme wie viel insgesamt ausgegeben wurde.

Kaltenegger: Ich halte das, wie es in Österreich gemacht wird, für richtig und sinnvoll. Die Frage ist doch, welcher Erkenntnisgewinn wird damit erzielt, dass man weiß, wie viel jeder einzelne Bauer bekommt. Da könnte es vorkommen, dass zwei nebeneinander liegende Betriebe mit ähnlicher Größe vollkommen unterschiedliche Geldleistungen erhalten. Einfach deshalb, weil der eine ein Biohof ist und der andere nicht. Da besteht aus meiner Sicht die Gefahr, dass sich die Diskussion nicht an der Leistung orientiert - für die die Gesellschaft ja bereit ist zu zahlen - sondern nur mehr die Summen diskutiert werden. Das fördert die Neidgenossenschaft.

Standard: In anderen Ländern wie in Schweden geht eine solche Offenlegung aber auch.

Kaltenegger: Dort gibt es eine lange Tradition, dass die Einkommensbescheide veröffentlicht werden, und zwar von allen Schweden, nicht nur den Bauern. Wir verwahren uns nur gegen die Eindimensionalität, mit der in Österreich die Diskussion darüber geführt wird. Dass die Landwirte alles offen legen müssen und der Rest der Bevölkerung nicht.

ZUR PERSON: Fritz Kaltenegger (35) hat Landschaftsplanung und -pflege studiert. Er war beim Ökosozialen Forum und Biomasseverband beschäftigt, zwischen 2003 und 2005 Kabinettschef von Landwirtschaftsminister Josef Pröll und ist seit September 2005 Bauernbunddirektor. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.4.2007)