Wien - Der arbeitslose Versicherungsberater Rudolf F. (Name geändert) bekam vor einem Jahr Besuch von einem verdeckten Fahnder des Arbeitsmarktservice (AMS), der seinen Rat in einer Versicherungssache suchte. Herr F. vermittelte ihn an einen Kollegen weiter. Der Kontrollor gab sich danach zu erkennen und beschuldigte Herrn F. der Schwarzarbeit. Unter Berufung auf § 25 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz sperrte das AMS ihm für acht Wochen die Notstandshilfe und verlangte die Rückzahlung von 55.566 S (4038,13 EURO). Wer auf frischer Tat beim Pfuschen ertappt werde, dem unterstellt dieses Gesetz als "unwiderlegbare Rechtsvermutung", dass diese nicht gemeldete Tätigkeit mehr ausmacht als die Geringfügigkeitsgrenze von 3880 S, die auch Arbeitslose im Monat dazuverdienen dürfen. Herr F. wollte dem AMS beweisen, dass er nicht gepfuscht habe. Zudem wollte er wenigstens Aufklärung darüber, warum von ihm so viel Geld zurückverlangt werde, zumal er eine "Notstandshilfe" von lediglich 2700 S hatte. AMS lehnte Beweisverfahren ab Unter Hinweis auf das Gesetz lehnte das AMS so ein Beweisverfahren aber ab. Doch der Mann, der krankheitsbedingt nicht mehr arbeiten kann, aber auch keine Invalidenpension bezieht, gab nicht auf und ging zum Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat am 8. Juni massive Bedenken gegen das Gesetz geäußert und beim zuständigen Verfassungsgerichtshof beantragt, diesen Paragraphen aufzuheben (2000/08/0081, 0082). Der gravierendste Einwand: Es handle sich hier zweifelsfrei um eine Strafbestimmung, auch wenn sie nicht so bezeichnet wird. Wie bei jeder Strafbestimmung müsse es dafür in einem Rechtsstaat einen Instanzenzug geben. "Bei diesem Paragraphen passt ja hinten und vorne nichts", meint der Sozialsprecher der Grünen, Karl Öllinger, nach Lektüre des Beschlusses. An ihn hatte sich Rudolf F. in seiner Not gewendet. Der Grüne fühlt sich in seiner Kritik bestätigt, "dass die AMS-Fahnder nicht einfach einen Bericht schreiben und Schwarzarbeit unterstellen können, ohne dass die Betroffenen ein Rechtsmittel dagegen haben." Öllinger zweifelt auch daran, "dass sich AMS-Fahnder einfach unter falschem Namen in die Wohnung von Arbeitslosen einschleichen können. Wo bitte ist so etwas sonst möglich?" Wurstsemmelverkauf Nach Öllingers Informationen gibt es eine Reihe solcher Fälle. So werde eine arbeitslose Frau zur Rückzahlung ihres Arbeitslosengeldes aufgefordert, nur weil sie im Fußballverein ihres Sohnes beim Verkauf von Wurstsemmeln "betreten" wurde. Aktiv werden können die Grünen erst wieder im Herbst, wenn das Parlament tagt. "Wir werden die unverzügliche Aufhebung dieses Gesetzes beantragen", kündigt Öllinger an. Seit einem Jahr bekommt Rudolf F. keinen Groschen mehr Geld vom Arbeitsmarktservice. Finanziell ist er auf Freunde und Banken angewiesen. Obwohl ihm der Verwaltungsgerichtshof jetzt Recht gegeben hat, muss er damit rechnen, vom AMS auch noch gepfändet zu werden. "Mir haben sie damals im AMS geraten, ich solle das akzeptieren. Dann hätte ich nach acht Wochen wieder die Notstandshilfe gekriegt", erzählt der 53-Jährige nicht ohne Bitterkeit dem STANDARD. Lydia Ninz