Maurerlehrlinge im zweiten Lehrjahr aus Wien, Nieder- und Oberösterreich im Lehrbauhof in Guntramsdorf: altbewährte Fertigkeiten für alle.

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Guntramsdorf - In der Luft liegt der typische Geruch nach feuchten Mauerziegeln, Mörtel, geschnittenem Bauholz und Männerschweiß, der jede andere Baustelle des Landes auch durchweht. Auch wenn hier nur geübt wird. Einer der Nachwuchsmaurer schaut mit einer Mischung aus Mitleid und Spott auf die Schuhe des Schreibers dieser Zeilen: "Mit de Schuach bisd owa foisch do", sagt er auf Oberösterreichisch, und deutete auf die Mörtelspritzer auf den Bürohengst-Halbschuhen. Man sei schließlich hier auf einem Lehrbauhof und nicht in der Schule, sagt sein Blick.

Dritte Komponente der dualen Ausbildung

Der Chef bestätigt. Die Bauwirtschaft hat "seit den frühen 80er-Jahren Lehrbauhöfe eingerichtet", erzählt der Leiter der Ausbildungsstätte, Baumeister Thomas Prigl, "und wir verstehen uns nicht als Schule, sondern als Betrieb". In den österreichweit sechs Bauhöfen lernen Lehrlinge der Berufe Maurer, Tiefbauer und Schalungsbauer, jene - teilweise sehr alten - Handwerkstechniken, die in der hoch spezialisierten Praxis einfach nicht mehr in jeder Firma Usus sind. Die duale Ausbildung - Betrieb und Berufsschule - wird so um eine dritte Komponente erweitert. Der Rückgang bei Baufacharbeitern konnte in jüngster Zeit zumindest gestoppt werden.

Beim Besuch des STANDARD im Lehrbauhof mauern knapp zwei Dutzend Jungmaurer - allesamt im zweiten Lehrjahr - gerade Fensterbögen über Holzschalungen, die zuvor von einem Dutzend Schalungsbauern in der gleichen Halle hergestellt worden sind.

"Sehr gut, schon hilfreich im Betrieb" sei das, was hier - in insgesamt neun Wochen von drei Jahren Lehrzeit - erlernt werde, sagt Akyeloglu (18) auf Anfrage, während er routiniert mit der Kelle hantiert. "Auf der Baustelle geht halt alles ein bisserl schneller, hier ist es etwas langsamer, aber dafür genauer", sagt Christopher (17), am Hals tätowiert und mit diversen Piercings im Gesicht verteilt. "Mit den kleinen Mauerziegeln arbeiten wir im Betrieb so gut wie gar nicht", sind sich David und Senad, beide 17, und bei einer großen Baufirma beschäftigt, einig.

Hilfe gegen Kreuzschmerzen

Mädchen sucht man in der Halle vergeblich. "Es gibt hin und wieder ein Mädchen", sagt Prigl, "vielleicht eines pro Jahr." Bei bautechnischen Zeichnern sei die Frauenquote 50 Prozent. Aber nicht bei den Maurern. Denn der Beruf ist körperlich anstrengend, man müsse schon fit sein, um am Bau bestehen zu können, so Prigl. Im Lehrbauhof gehören deswegen Vorträge von Sportwissenschaftern zum Ausbildungsplan. Der bringt den Jungmaurern dann bei, wie man etwa zwei Kübel voll mit Beton richtig und wirbelsäulenschonend hebt und trägt. "Es ist um jeden schade, den wir aufgrund von Kreuzschmerzen verlieren", sagt der Bauhofleiter.

Aus einer Halle auf dem Gelände zwischen Guntramsdorf und Laxenburg, neben der Südautobahn, dringt mehr Lärm als aus jenen, in denen emsig gearbeitet wird. Prigl: "Da wurlt's jetzt ein bisschen." Zwei Hauptschulklassen sind zu Besuch. Die Sorge um Nachwuchs für die Branche haben die Lehrbauhöfe in jüngster Zeit verstärkt dazu veranlasst, die potenzielle Zielgruppe direkt anzusprechen. 17-jährige Lehrlinge erklären 14-jährigen Schülern und noch mehr Schülerinnen ihren Beruf. Die Burschen patzen begeistert mit Mörtel auf Ziegeln herum. Die Mädchen stehen in einer Gruppe eher abseits und schlagen - durchaus auch mit Hallo - Nägel in Zehn-Zehner-Staffel.

Auf die Frage, was denn der Grund für die unterschiedlichen Interessen sei, zucken die Herren vom Bauhof nur mit den Achseln. Vielleicht nur "foische Schuach". (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28./29.4.2007)