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18 Probebohrungen wurden durchgeführt. Das Ergebnis: Der Tunnel der Wiener Nordost-Umfahrung ist machbar.

Foto: APA/FOHRINGER
Wien - Der ÖAMTC übt heftige Kritik am geplanten Tunnel unter der Lobau im Zuge des Baus der Wiener Nordost-Umfahrung (S1): Tunnelexperte Willy Matzke warnte im Ö1-"Morgenjournal" vor angeblichen Sicherheitsmängeln: "Ich kann nicht von vornherein eine Anlage errichten, wo ich wissen muss, das kann ein Massengrab werden." Eine Sprecherin der Autobahngesellschaft Asfinag wies die Vorwürfe gegenüber der APA "auf das Schärfste" zurück.

Matzke bemängelte, dass beim Bau des zweiröhrigen Tunnel keine Notausstiege an die Oberfläche vorgesehen seien. Außerdem fehle ein eigener Sicherheitsstollen für Rettungsfahrzeuge.

Asfinag: Röhren verbunden

Bei dem 8,5 Kilometer langen Tunnelbauwerk würden die beiden Röhren alle 250 Meter miteinander verbunden, um im Notfall die Flucht in den jeweils anderen Stollen zu gewährleisten, so die Asfinag-Sprecherin. Würde man Abgänge an die Oberfläche bauen - was schon allein deshalb nicht möglich sei, da es keine Bauarbeiten im Nationalparkbereich Lobau geben dürfe - müssten die Menschen 40 Meter nach oben steigen. Dies dauere wesentlich länger als auf ebenem Niveau die andere Tunnelröhre zu erreichen.

Vom Sicherheitskonzept entspreche der Tunnel unter der Lobau einem bergmännischen Tunnel, bei dem es auch keine Notausstiege auf den Berg gebe. Ein zusätzlicher Sicherheitsstollen sei ebenso nicht notwendig, da in beiden Röhren neben zwei Fahrspuren auch ein Pannenstreifen für etwaige Rettungskräfte vorgesehen ist.

Kritik an den ÖAMTC-Warnungen gab es am Freitag von SPÖ und FPÖ, die die Äußerungen als "Panikmache" bezeichneten. Anders Grünen-Mandatar Rüdiger Maresch, der meinte, das vorgesehene Fluchtwegesystem im geplanten Lobau-Tunnel "kann meiner Meinung nach nicht funktionieren".

Probebohrungs-Ergebnis liegt vor

Das Ergebnis der Probebohrungen in der Lobau für den Tunnel der Wiener Nordost-Umfahrung (S1) liegt vor. Demnach kann das 8,5 Kilometer lange Bauwerk wie geplant bis 2018 für 1,2 Mrd. Euro verwirklicht werden. Der Untergrund unter dem Nationalpark gestalte sich wie erwartet, so Alois Schedl, Geschäftsführer des Baumanagements der Autobahngesellschaft Asfinag am Donnerstagabend vor Journalisten.

"Keine Gefahr für Grundwasser"

Auf wenige Meter Sand und Lehm folge eine bis zu 30 Meter dicke Schicht aus Donauschotter, die wiederum auf tieferen Schichten aus Sand und Ton ruhe. In beiden Schichten befinde sich Grundwasser, das allerdings voneinander getrennt sei. Für die Lobau sei der obere Grundwasserspiegel von Belang, der vom Tunnel nicht tangiert werde, der in der unteren Schicht liege. "Durch den Bau des Tunnels wird der Grundwasserspiegel des Nationalparks nicht gefährdet", unterstrich auch Projektleiter Christian Honeger.

Der Tunnel soll in einem Korridor zwischen 30 und 40 Metern Tiefe verlaufen. Ausgebaut wird er mit zwei von einander unabhängigen Röhren, die alle 250 Meter durch Fluchtwege miteinander verbunden sind. Jede Röhre erhält zwei Fahrspuren und zusätzlich einen Pannenstreifen.

Eröffnung für 2018 geplant

Anfang 2008 will die Asfinag nun das genaue Projekt einreichen, bis Ende 2009 soll die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) abgeschlossen sein. Damit könne, wie in der Ende März präsentierten Prioritätenreihung vorgegeben, der Baustart 2011 erfolgen, die Eröffnung 2018, so Schedl.

Die Nordost-Umfahrung ist Teil der Außenringschnellstraße S1 und damit des "Regionenrings" rund um Wien. Von den 1,6 Mrd. Euro für die 19 Kilometer lange Gesamtstrecke zwischen Schwechat und Süßenbrunn entfallen 1,2 Mrd. Euro auf den 8,5 Kilometer langen Tunnel unter Donau und Lobau.

Probebohrungen mit Verspätung

Die Probebohrungen schlagen mit einer Mio. Euro zu Buche. Dabei hatte die Asfinag zwischen 19. Dezember und 29. März 18 Bohrlöcher von je 20 Zentimeter Durchmesser bis zu 70 Meter tief in den Boden des Nationalparks getrieben. Laut Baugenehmigung hätte man zwar bereits am 1. November beginnen dürfen, ein Umweltschützer-Camp und die Besetzung der Bohrgeräte verhinderten dies jedoch. Erst am 18. Dezember zogen die Ökoaktivisten ab, nachdem ihnen ein Runder Tisch zu Verkehrs- und Umweltfragen sowie der Verzicht auf Schadenersatzklagen versprochen worden war.

Anders als bei der S1 steht die Zukunft der Verlängerung der Donauufer-Autobahn (A22) zur Ostautobahn (A4) in den Sternen. Er gehe davon aus, dass die bestehenden Knotenpunkte durch den Bau der Nordost-Umfahrung entlastet würden, so Schedl. Man werde das fehlende Teilstück nur dann bauen, sollte es eines Tages wirklich notwendig sein. (APA)