New York - Bei der Schilderung ihrer Leiden im Bosnienkrieg ist eine moslemische Frau vor einem Gericht in New York bewusstlos zusammengebrochen. Angeklagter bei dem Zivilprozess in Abwesenheit ist der ehemalige Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, der auch vom UNO-Tribunal in Den Haag als Kriegsverbrecher angeklagt ist. Das Verfahren soll den Schadensersatz festlegen, den der untergetauchte Serbenführer den Klägerinnen nach Auffassung der US-Justiz schuldet. Geklagt hat eine Gruppe moslemischer Frauen und Kinder, die inzwischen in den USA beheimatet sind und mehrere Millionen Dollar von Karadzic fordern. Die erste der insgesamt elf moslemischen Frauen, die von dem Bundesgericht in New York als Zeuginnen geladen sind, war eigenen Angaben zu Folge von serbischen Soldaten aus ihrem Haus im Norden Bosniens in eine Berghütte verschleppt worden. Dort sei ihr immer wieder in Gegenwart ihrer zwei kleinen Kinder Gewalt angetan worden, sagte sie nach einem Bericht der "New York Times" vom Mittwoch aus. Ihre Peiniger hätten Fotos von Karadzic an sich getragen, gab sie zu Protokoll, bevor sie das Bewusstsein verlor. Die Zivilklage gegen den Serbenführer war bereits 1993 eingereicht worden. Die US-Justiz hat sie auf Grund mehrerer Bundesgesetze gegen Folter sowie eines Gesetzes aus dem Jahr 1789 zugelassen. Es sieht Schadensersatzansprüche für Verstöße vor, die gegen "das Völkerrecht oder ein Abkommen der Vereinigten Staaten" begangen wurden. Die Gerichtsverhandlung in New York dürfte voraussichtlich zwei Wochen dauern. Karadzic selbst hatte 1997 in einem Schreiben an das Gericht gefragt: "Hofft Ihr wirklich, grenzüberschreitend die Wahrheit finden, Recht sprechen oder die Ansprüche von Menschen festsetzen zu können? Glaubt Ihr tatsächlich, dass Ihr auch nur einen Schritt in Richtung Frieden oder Gerechtigkeit geht, wenn Ihr menschlichen Tragödien in aller Welt mit leeren Urteilssprüchen in unangefochtenen Verfahren Dollarnoten anhängt?". (APA)