Belgrad - EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn hat Serbien die zügige Wiederaufnahme der vor einem Jahr ausgesetzten Gespräche über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen in Aussicht gestellt. Dazu könne es "sehr bald" kommen, wenn die neue Regierung in Belgrad Fortschritte bei der Festnahme gesuchter mutmaßlicher Kriegsverbrecher zeige, sagte Rehn am Mittwoch in Belgrad. "Es gibt bereits eine klare Verpflichtung auf die europäische Integration und die Zusammenarbeit mit dem Tribunal", fügte er hinzu. Die Europäische Union erwarte nun von der Regierung, ihr Programm der Zusammenarbeit mit Den Haag "rigoros" umzusetzen.

Die Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Serbien hatte die Europäische Union im Mai 2006 unter dem Vorwurf ausgesetzt, die Regierung in Belgrad habe nicht ausreichend mit dem Haager UN-Tribunal zusammengearbeitet. Dabei geht es insbesondere um die Auslieferung des wegen Kriegsverbrechen gesuchten Ratko Mladic. Der am Dienstagabend vom Parlament bestätigte Ministerpräsident Vojislav Kostunica hat angekündigt, er wolle Serbien in die Europäischen Union (EU) führen und mit dem Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag zusammenarbeiten.

Belgrader Medien hatten vor dem Besuch des Kommissars darüber spekuliert, dass Rehn am Mittwoch die Wiederaufnahme der im Vorjahr gestoppten Gespräche der Europäischen Union über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) mit Serbien ankündigen könnte. Dazu kam es allerdings nicht. Rehn stellte lediglich in Aussicht, dass es dazu bald kommen könnte, sofern die Behörden des Landes ihren Verpflichtungen gegenüber dem ICTY nachkämen.

Gespräche im Mai 2006 ausgesetzt

Die SAA-Gespräche wurden im Mai 2006 wegen der mangelnden Kooperation mit dem UNO-Tribunal ausgesetzt. Rehn versicherte, er sei gekommen, um zur neuen Regierung zu gratulieren und Serbien und die serbische Behörden auf dem Weg der europäischen Integration zu ermutigen.

Der für Europa-Fragen zuständige neue Vizepremier Bozidar Djelic zeigte sich zuvor am Mittwoch zuversichtlich, dass die Verhandlungen mit der EU wieder aufgenommen werden. "Rehn kommt mit dieser glänzenden Nachricht nach Belgrad. Dies bedeutet, dass wir binnen weniger Wochen, höchstens einiger Monate das SAA-Abkommen abschließen werden", prophezeite Djelic.

Fahndungsaktion nach flüchtigen Haager Angeklagten

Die serbische Militärpolizei hatte am Vorabend des Besuches des EU-Erweiterungskommissars im Stadtzentrum von Belgrad eine Fahndungsaktion nach flüchtigen Haager Angeklagten durchgeführt. Laut Medien war bereits vor einer Woche ein Hinweise der Tribunals-Chefanklägerin Carla del Ponte gekommen. Demnach sollte sich der frühere Militärchef der bosnischen Serben, Ratko Mladic, oder sein engster Mitarbeiter, der einstige Chef des bosnisch-serbischen Militärnachrichtendienstes, Zdravko Tolimir, dort in einem Militärhotel verstecken. Die stundenlange Durchsuchung des Hotels blieb dann aber ergebnislos.

Neben Mladic und Tolimir sind noch vier weitere Haager Angeklagte flüchtig. Der ehemalige bosnisch-serbische Militärchef wegen Völkermordes in Srebrenica, angeklagt sowie weiterer Kriegsverbrechen während des Bosnien-Krieges (1992-95). Mladic lebte trotz der Haager Anklage bis ins Frühjahr 2002 unbehelligt in Belgrad. (APA/Reuters)