Für Geduld im Zusammenhang mit der ORF-Programmreform plädiert der frühere Wiener Bürgermeister und Fernsehdirektor Helmut Zilk. "Jede Reform, die man macht, bedeutet Fortschritt und bedeutet Irrtum. Man muss den Leuten auch Zeit lassen", sagte Zilk im Interview mit der APA. Grundsätzlich sei eine Programmreform "fällig" gewesen, "eine ganze Reihe von Dingen musste besser, neuer gemacht werden".

Der Mai-Marktanteil bis Montag lag nach STANDARD-Infos bei 36,8 Prozent, 4,9 weniger als 2006. Auch in der Werbezielgruppe und bei Jungen sank er gegenüber April. Der ORF feiert Zilks 80. Geburtstag Donnerstag mit einer Doku um 21.05 Uhr.

"MiA" einfach ein Risiko

"Mitten im Achten" hat Zilk, der demnächst seinen 80. Geburtstag feiert, "Gott sei Dank noch nie gesehen". Eine solche Serie sei einfach ein Risiko. "Wie ich als Programmdirektor gekommen bin, haben wir zwei Serien angefangen. Die eine Serie war mit dem Fritz Eckhardt und dem Peter Weck, "Wenn der Vater mit dem Sohne", und die zweite Serie war "Der alte Richter" mit dem Paul Hörbiger. Da haben wir mit den Persönlichkeiten ein Glück gehabt. Das waren auch nicht so besonders gescheite Serien, aber der Eckhardt war der Eckhardt und der Paul Hörbiger der Paul Hörbiger. Dieses Glück haben die vielleicht jetzt nicht."

Zilk sagt dennoch "grundsätzlich ja" zu dem, was die neue ORF-Geschäftsführung tut, "weil ich weiß, das sie die Schwächen selber wissen und auch ausmerzen werden - das muss man ihnen zubilligen". Auch nach der ersten großen Programmreform im Jahr 1967 unter Gerd Bacher - "das war die bisher größte" - habe man "immer wieder modifiziert" und Dinge auch wieder zurückgenommen.

"Es hat immer Interventionen gegeben"

Zu Gelassenheit rät Zilk im Zusammenhang mit dem Dauerbrenner Interventionen. "Es hat immer politische Interventionen gegeben. Es ist ja auch eine Unwahrheit, dass es bei der Besetzung von Leitungsposten keine politischen Interventionen gegeben hätte. Wenn ich ihnen sagen würde, wer heute aller auf Interventionen im Rundfunk sitzt, Nieten und Gute." Es gehe bei Interventionen immer darum, wie man sich dagegen wehrt. "Es ist das Recht jedes Politikers und jedes Pressereferenten zu versuchen, seinen Mann und seine Ideen möglichst gut zu verkaufen. Die Frage ist, was mache ich dagegen. Bis zum Bacher waren die Interventionen Diktat. Mit dem haben wir aufgeräumt, aber total. Wir haben gesagt, die Journalisten dürfen jetzt einmal alles tun. Dass sie trotzdem angerufen werden, ist eine andere Frage. Die Frage ist dann, gibt man nach."

Ebenfalls gelassen zeigt sich der "Krone"-Ombudsmann über die belebte Konkurrenz auf dem Tageszeitungsmarkt. Der Start der Tageszeitung "Österreich", sei "an sich gut", denn "in der Demokratie kann es nie genug Zeitungen oder Rundfunkanstalten geben. Der mündige Bürger entscheidet, was er liest oder was er sieht". Dass das Niveau im Journalismus durch den verschärften Wettbewerb gesunken sei, glaubt Zilk aber nicht. "Da braucht da und dort nicht mehr viel sinken, das ist schon lang kaputt." Als Grund dafür ortet er einen allgemeinen Trend zur Niveaulosigkeit: "Wenn das Niveau an sich immer blasser wird, und die Mittelmäßigkeit zunimmt, dann nimmt sie auch im Journalismus zu."

Frieden bei der "Krone"

Bei der "Kronen Zeitung", für die der Alt-Bürgermeister seit vielen Jahren als Ombudsmann tätig ist, glaubt Zilk an einen baldigen Friedensschluss zwischen den Hälfteeigentümern, der Familie Dichand und der deutschen WAZ. "Der Haupttäter" des Konflikts, der vor wenigen Monaten verstorbene WAZ-Manager Erich Schumann, "ist nicht mehr". (APA/fid/DER STANDARD; Printausgabe, 30.5.2007)