Vor drei Monaten eröffnete das bisher einzige Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch seine Pforten in Wien. Nach vierjähriger Aufbauarbeit und vorübergehender bloß virtueller Präsenz sind die rund 900 Objekte und etwa 450 Bücher nun auch real vor Ort in der Nähe des Wiener Westbahnhofs zu besichtigen. Das Museum ist von Mittwoch bis Sonntag zwischen 14 und 18 Uhr geöffnet bzw. auf der Homepage rund um die Uhr zugänglich.

"Versuche, den natürlichen Kreislauf von Sexualität und Fruchtbarkeit zu durchbrechen, sind so alt wie die Menschheit selbst", erklärt der Gründer des Museums und Gynäkologe Christian Fiala. Gelungen ist dieses Bestreben jedoch erst seit relativ kurzer Zeit. Erst in den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts wurde es in den Industrieländern tatsächlich möglich, ungewollte Schwangerschaften wirksam zu verhüten oder sicher sowie gesundheitlich ungefährlich abzubrechen. Erfindungen wie Kondom, Spirale, Anti-Baby-Pille und Co sind heute so selbstverständlich, dass dabei das Wissen über das Wesen der Fruchtbarkeit weitgehend verloren gegangen sei, meint Fiala. Denn kaum jemand weiß noch, dass der sogenannte Froschtest vor gar nicht langer Zeit die sicherste Methode zum Schwangerschaftsnachweis dargestellt hat, oder wie die Großeltern verhütet haben, oder dass Frauen unter katastrophalen Bedingungen verzweifelte Abtreibungsversuche mit Stricknadeln und Seifenlaugen unternommen haben und viele von ihnen dabei elend zugrunde gegangen sind. Christian Fiala hat es sich zum Ziel gesetzt, diese teils grauenvollen, teils skurilen Kapitel der Fruchtbarkeit rechtzeitig zu dokumentieren, so lange noch ZeugInnen und Wissen darüber existieren.

Wie es begann

Halbverblutete oder sterbende Frauen hatten den Gynäkologen bei seinem Hilfseinsatz in Afrika die unvorstellbaren Auswirkungen des Abbruchverbotes vor Augen geführt. In einer kleinen Box hatte er begonnen, zu sammeln, was verzweifelte Frauen oder deren HelferInnen für ihre Versuche benutzt hatten: spitze Zweige des Kassawa-Strauches, Äste, Drahtstücke, Plastikschläuche... Dabei sei ihm bewusst geworden, dass auch in den Industrieländern der Zugang zu sicheren Methoden der Verhütung und des Schwangerschaftsabbruchs erst kurze Zeit möglich ist und zugleich "das Wissen über die unerbittliche und – oft rücksichtslose Kraft der Fortpflanzung" sukzessive verloren geht. Als erstes gründete er einen gemeinnützigen Verein, dessen Ziel der Aufbau und Betrieb eines Museums für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch war. Möglichst viele Menschen sollten sich über die Zusammenhänge von Sexualität und Fortpflanzung informieren können und erfahren, wie über Jahrhunderte verzweifelt versucht worden ist, diese natürliche Verbindung aufzubrechen.

Das Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch ist weltweit einzigartig. Obwohl jenseits der Wiener Initiative einige Sammlungen zu Verhütung bestehen, sind diese jedoch entweder unvollständig oder fokussieren um einzelne Aspekte der Thematik. Mit dem Projekt von Christian Fiala ist es gelungen, die historische Entwicklung von den Engelmacherinnen bis zu den aktuellen Forschungen zu neuen Verhütungsmethoden in allen Aspekten – sowohl medizinisch als auch gesellschaftlich und gesetzlich darzustellen.

Aufruf zur Sammelarbeit

Trotz des beträchtlichen Umfangs an Exponaten sucht das Museum weiterhin nach Objekten und Leihgaben: Filme, Plakate, Broschüren, Bücher, Dokumente, Statistiken, Hilfsmittel und Gerätschaften zur Verhütung, zu Schwangerschaftstests und zur Abtreibung. Desweiteren ist auch die Übernahme von Sponsorships für Objekte erwünscht, da das Museum ohne öffentliche Gelder arbeitet. (dabu)