Städte wie Warschau sprießen wie die Schwammerln.

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Das eigentliche Interesse gilt derzeit aber den Secondary Cities wie Ekaterinenburg & Co.

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Letztes Wochenende ging die Real Vienna zu Ende. Es war eine gute Woche. Mit 60 Prozent Wachstum bei den Teilnehmern und einem auffällig breiteren Spektrum an Ausstellern hat sich die Gewerbeimmobilienmesse bereits beim zweiten Mal als Drehscheibe zwischen Ost und West etabliert. Wieder einmal war es eine gute Woche für Oleg Deripaskas Immobilienimperium. Es war eine gute Woche für die dazu zählende Renova Stroygroup, eine der wirklich großen Bauträgergesellschaften Russlands. Und es war eine gute Woche für die Strabag, die von der Renova Stroygroup im Umfeld der Real Vienna mit der teilweisen Errichtung einer riesigen Satellitenstadt betraut wurde - beachtliche 1600 Kilometer von der Hauptstadt Moskau entfernt.

Satellitenstadt ist ein milder Ausdruck: Das insgesamt 28 Milliarden Dollar teure Gesamtvorhaben sieht über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten die Errichtung von neun Millionen Quadratmetern Wohnnutzfläche für insgesamt 1,9 Millionen Menschen sowie weitere 100.000 Quadratmeter für Infrastruktur vor. Die dafür von der Renova Stroygroup bereits erworbene Fläche von 1200 Hektar Land befindet sich in unmittelbarer Nähe von Ekaterinenburg - immerhin die drittgrößte Stadt Russlands.

Unendliche Weiten

Akademie City - so der klingende Name - ist zwar das derzeit größte, aber beileibe nicht einzige Großprojekt, das sich abseits von Moskau abspielt. Im Gegenteil: "Wir verfolgen eine Reihe derartiger Projekte in ganz Russland", sagt Evgenij Krasikow von der Renova Stroygroup. Dabei ist sein Unternehmen nur eines von vielen, das seine Aktivitäten in die unendlichen Weiten Russlands verlagert.

Stefan Marker ist im Auftrag der CA Immo AG zur Zeit intensiv auf der Suche nach interessanten Akquisitionsmöglichkeiten und kennt die Beweggründe für diesen neuen, für ganz Osteuropa zutreffenden Trend zu den so genannten Secondary Cities - der Ausdruck wird für größere Metropolen abseits der Landeshauptstädte verwendet: "In den zurückliegenden Jahren haben wir einen starken Verfall der Renditen in den Hauptstädten der osteuropäischen Länder gehabt", so Marker, "außerhalb der Hauptstädte sind die Investitionsmöglichkeiten aber noch wesentlich attraktiver."

Noch höhere Renditen

Konkret: Um gut zwei Prozentpunkte höhere Renditen lassen sich beispielsweise abseits von Moskau herausschlagen. Ein wesentlicher Grund dafür sind auch die Grundstückspreise. In St. Petersburg beispielsweise liegen die Quadratmeterpreise bei rund einem Drittel vergleichbarer Moskauer Liegenschaften.

Überhaupt stellt sich St. Petersburg als wahre Goldgrube für Immobilieninvestoren heraus - jedenfalls wenn man den Ausführungen von Aleksej Chichkanow, Chef des City Property Management Committee von St. Petersburg, Glauben schenken darf: "Zur Zeit entsteht bei uns ein großer Autocluster. Ford produziert bereits, General Motors und Toyota folgen, und eben wurde fixiert, dass sich auch Suzuki ansiedeln wird." Da kommt der Ausbau des Flughafens um eine Milliarde Dollar - ein PPP-Modell - gerade recht.

Was für Russland gilt, trifft in noch viel größerem Maße auf Länder wie Polen, Ungarn oder die Tschechische Republik zu. Die Grundstückspreise in den Hauptstädten haben längst das vergleichbare Niveau von Wien überschritten. Allein die Büromieten drohen aufgrund des gestiegenen Angebotes an Büroflächen nachzugeben. Fazit: Die erzielbaren Renditen bei neuen Immobilienprojekten sind lange nicht mehr so attraktiv, wie das noch vor drei Jahren war.

Umbruch

Karl Bier, Vorstandsvorsitzender der UBM, hat beispielsweise schon vor vielen Jahren die Errichtung eines ganzen Stadtteiles in Prag realisiert. Mittlerweile gilt sein Interesse aber vornehmlich den Secondary Cities: "Ja, wir gehen jetzt mit unseren Investments weg von den Hauptstädten, weil da einfach noch mehr zu verdienen ist. In Polen errichten wir schon seit Längerem Hotels und Büros - beispielsweise in Krakau sowie in anderen polnischen Bezirkshauptstädten."

In der Branche ist Umbruch angesagt. Noch vor zwei Jahren musste ein abseits liegendes Immobilienprojekt schon sehr günstig sein, um es an einen Investor verkaufen zu können. Nun haben es alle auf das Schlagwort Secondary Cities abgesehen. (Gerhard Rodler, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2./3.6.2007)