Ungezwungen wird im WUK gelehrt: Der Lehrer (an der Tafel) wird von den Schülern bewertet: eine Kultur demokratischen Lernens.

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Wien - Die Wände sind bunt gestrichen, und Kinder kommen offenherzig auf einen zu. Schon beim Betreten des Gebäudes lässt sich erkennen: Diese Schule ist anders.

"Ich habe andere Ansprüche an das, was mein Kind lernen soll", erklärt Alexandra Unden, zweifache Mutter. Ihr Sohn und ihre Tochter besuchen die Schülerinnenschule - für sie eine Entscheidung zu freiem Lernen und freier Entfaltung. "Die Lehrer haben keine Berührungsängste und gehen mit Kindern normal um."

Die alternative Gesamtschule verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung. Seit 1982 ist sie im Werkstätten- und Kulturhaus (WUK) in Wien vertreten. Undens Tochter Luca (13) weiß, was sie an ihrer Schule hat: "Die Lehrer sind noch Menschen. Man kann ihnen alles sagen. Sie sind wie Freunde."

Zeugnis durch Schüler

Die pädagogischen Grundsätze bauen auf angstfreiem, fächerübergreifendem und sozialem Lernen auf. "Die Starrheit des Regelschulsystems und Frontalunterrichts gibt Lehrern wenig Möglichkeiten, sich einzubringen", erläutert Unden weiter. Dies sei keine Schuldzuweisung an die Lehrer, denn "das System erlaubt nichts anderes".

Im WUK läuft es allerdings anders: So wird zu Jahresende kein Zeugnis ausgestellt, sondern Schüler beurteilen schriftlich die Ausflüge und sonstige Projekte. "Hier bekommen auch wir Lehrer ein Feedback, was man besser machen kann", erklärt Claudia Di Costanzo, Lehrerin.

Um die Individualität zu gewährleisten, setzen sich die Schüler und Lehrer am Anfang der Woche in einem Plenum zusammen. "Die Kinder leiten das Plenum, sorgen für Ruhe und jeder kann seine Punkte einbringen", erklärt Di Costanzo. "Vorgebracht werden Probleme oder Vorschläge, die dann in kleineren Gruppen mit Konfliktlotsen abgearbeitet werden."

Unterschiede zu Regelschulen weist die Alternativschule auch bei den Unterrichtszeiten auf. Die Schule beginnt um neun Uhr und endet Nachmittags um fünf Uhr. "Von neun bis halb zehn finden die Kinder sich in Arbeitsgruppen ein, in denen sie über Aktuelles reden und einmal in der Schule ankommen können", erläutert Di Costanzo.

Es gibt einen fixen Stundenplan, in dem "die Kinder sich jedoch frei bewegen können", erläutert Unden. Die drei Hauptfächer, Deutsch, Mathematik und Englisch sind mit drei Stunden in der Woche festgelegt. "Die weiteren Fächer können die Schüler wählen, aber sie müssen 19 bis 24 Stunden in der Woche belegen", sagt Unden. Zur Wahl stehen unter anderem Geografie, Biologie, Geschichte oder Kunst. Auch ein intensiver Einzelunterricht kann belegt werden - für Schüler mit "besonderen Bedürfnissen".

"Ich finde es toll, dass man seine Interessen stärken kann. Es ist lockerer, und man kann machen, was einen interessiert", erklärt Schülerin Hannah Beck (18) enthusiastisch.

Leider sei das Budget knapp bemessen - daher seien der Schule die Hände gebunden, denn "wir haben kein Geld. Deswegen sieht die Schule aus, wie sie aussieht", erläutert Di Costanzo.

Die WUK-Gesamtschule existiert allein durch die Eltern und Lehrer. Die Väter und Mütter putzen und kommen für das Gehalt der Lehrer auf. Di Costanzo kritisiert: "Die Bildungsministerin will die Subventionen erhöhen, aber diese sind ein Scherz. Es geht in die richtige Richtung, aber es ist alles so kurzfristig gedacht." (Petra Polak/DER STANDARD Printaugabe, 12. Juni 2007)