Marmelade ist von vorgestern. Julius Meinl V. hat weit Pikanteres im Auge als süßen Brotaufstrich. Der Startschuss für die Neuausrichtung des einstigen Lebensmittelhändlers fiel mit dem Börsengang von Meinl European Land vor fünf Jahren. Über diese Geldsammelmaschine sind inzwischen Immobilienprojekte im Wert von rund zwei Milliarden Euro realisiert worden. Seit April ist nach ähnlichem Muster Meinl Airports International aktiv. Und weil aller guten Dinge drei sind, folgt jetzt Meinl International Power, ein Projekt, für das sich Meinl der Mitarbeit eines Ex-Finanzministers und eines Ex-Strombosses versichert hat.

Karl-Heinz Grassers Rolle ist klar: Er soll als Türöffner bei den politischen Entscheidungsträgern herhalten. Die meisten Stromgesellschaften in Europa sind noch immer staatlich dominiert, da kann ein gutes Wort von du zu du nicht schaden. Hans Haider, als langjähriger Verbundchef in Energiefragen bestens beschlagen, soll hingegen geeignete Beteiligungsprojekte identifizieren. Das sollte für ihn kein Problem sein.

Gerade im zentral- und osteuropäischen Raum, den Meinl mit seinem Energiefonds im Visier hat, sind die Wachstumsraten beim Stromverbrauch enorm und der Erneuerungsbedarf beim Kraftwerkspark gewaltig. Für Meinl dürfte sich das Engagement auf alle Fälle lohnen. Die Meinl Bank als Herzstück der Gruppe schneidet bei der geplanten Aktienemission einmalig mit; andererseits verdient das Unternehmen laufend durch Provisionen. Und die Aktionäre? Die können nur hoffen, dass es anders läuft als bei Meinl Airports. Dort liegen die gesammelten 700 Millionen Euro noch immer auf der hohen Kante. Früher war das komplett anders. Da gab es auch bei Meinl nur Geld gegen Ware. Längst vergangene Zeiten. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.06.2007)