Money Mark: "Brand New By Tomorrow" (Universal)

Foto: Universal

Aktualitätsfanatiker bitte vor dem Weiterlesen unbedingt die Herztropfen einnehmen: Das im folgenden besprochene Album ist nämlich schon uralt. Hierzulande schon vor fast zwei ewigen Monaten erschienen. Und das Wunderliche daran: Es ist immer noch super. Ja, auch wenn sich das manch einer kaum vorstellen kann, das gibt's! Hier handelt es sich um das jüngste Werk des an der Zeit und seinen Moden gelassen und kühl vorbeiproduzierenden Mark Ramos-Nishita, in der Musikwelt besser bekannt als Money Mark.

Dieser steht bis heute im Dienst und auf der Gehaltsliste der sich zusehends selbst überlebenden Hip-Hopper Beastie Boys, die dem Mann einen Gutteil ihrer Funkiness verdanken. Wenn Money Mark nämlich in die Tasten greift, dann sprühen tatsächlich die Funken. Erstmals auffällig wurde er auf dem Beastie-Boys-Album Check Your Head (1992), dem wahrscheinlich besten Album der rappenden und rappelnden Käsegesichter aus New York. 1995 veröffentlichte der Produzent und Musiker sein Debütalbum Money Marks Keyboard Repair auf dem damals heiligen Label für neue Töne, Mo' Wax, das den abstrakter werdenden Hip-Hop, der sehr bald Trip-Hop geheißen werden sollte, maßgeblich voranbrachte. Marks Debüt war ein un-trip-hoppiger Spaziergang durch eine Keyboardwerkstatt: Er spielte, ohne die Aura elender Alleinunterhalter zu verbreiten, einige seiner schärfsten Keyboards und schuf damit einerseits verschrobene Tracks wie Insects Are All Around Us, das nur so knusperte und zischelte. Andererseits entfuhren dem live aberwitzig abgehenden Mann funkig-groovende Stücke, wie etwa Got My Hand In Your Head, die zeigten, dass Marks Stimme vorzüglich mit seiner verwegenen Spielart harmonierte: Ein geheimer Klassiker und noch heute - zumindest als CD - über des Künstlers Homepage zu beziehen. Daraus - und der nicht zu geringen Reputation als "vierter Beastie Boy" - ergab sich eine Solokarriere, die mit Push The Button (1998) ein zweites, sehr gutes Album hervorbrachte, das mit dem neuerlich eingespielten Hand In Your Head einen kleinen Hit aufwies. Es folgten zwar noch weitere Veröffentlichungen - an die Qualität der ersten Alben reichten diese nicht heran.

Aber jetzt! Brand New By Tomorrow knüpft mit großer Leichtigkeit an alte Glanzleistungen an - und ist dennoch ganz anders. Zwar zaubert der Mann aus Los Angeles noch am Rande des Stillstands Funk aus seinen aus den "Glory Days" nämlichen Stils übrig gebliebenen Instrumenten. Daneben bemüht sich Mark heute jedoch mehr um klassisches Songwriting und entwickelt dabei einen Pop-Appeal, der gar an John Lennon heranreicht. Den präsentiert er mit einer Ruhe, als wäre er seit zwei Jahrzehnten nicht aus dem Sofa hochgekommen.

Zu dieser Abgehangenheit passt, dass Mark auf dem Label von Jack Johnson veröffentlicht. Aber keine Sorge, die fade Friede-Freude-Eierkuchen-Musik dieses Neo-Strandbuben mit Hippie-Breitseite macht sich hier nicht bemerkbar. Neben den dominierenden Keyboards des Hauptdarstellers wirken hier auch die Hände von Drummer Jim Keltner Wunder, der Stücke wie das infizierende Pick Up The Pieces mit einem vorzüglich verschlurften Backbeat heimspielt. "Melodies are meant to be free", raunzt Mark dazu vorne am Mikro, und man wundert sich eigentlich, dass so ein Song nicht die Hitparaden der ganzen Welt anführt.

Selbiges gilt für Summer Blue, in dem der Multi-Instrumentalist mit sparsamsten Mitteln einen Groove generiert, dass es nur so eine Art hat, während er dazu ein hoppertatschiges "I can't rendezvous with you" reimt. Als weiterer prominenter Gast bläst der Blueser G-Love ein wenig "Special Sauce" durch seine Harmonika, aber Mark ist sich und seinem Publikum auch alleine nicht zu wenig. Ein großer Unbekannter, dem es auch zu verdanken sein wird, wenn das kommende, rein instrumental geratene Beastie-Boys-Album The Mix-Up wider Erwarten doch irgendwie hörbar ausgefallen sein sollte.

Ansonsten sollte man das Money lieber gleich für Mark ausgeben. (Karl Fluch / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.6.2007)