Barbara Wurz ist eingetragene Mediatorin und Vorsitzende des Österreichischen Netzwerks Mediation.

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Wolfgang Knopf ist Organisationsberater, Supervisor und Coach (ÖVS), Trainer und Vorsitzender der Österreichischen Vereinigung für Supervision (ÖVS).

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"Gecoacht wird heute alles und jedes, das Wort wird heute zu inflationär verwendet", kritisiert Wolfgang Knopf, Vorsitzender der Österreichischen Vereinigung für Supervision (ÖVS). Vom Finanz-, Lern-, Jobcoaching über Personal- und Hundecoaching bis hin zum Farbcoaching und letztendlich zur ursprünglichen Bedeutung, zum Coach im Sport, reiche die Palette.

Coaching als Form der Supervision

Tatsächlich – so die Definition der ÖVS – ist Coaching eine spezielle Form der Supervision, die vor allem von Einzelpersonen mit Führungsaufgaben in Anspruch genommen wird. Der große Unterschied: von der klassischen Supervision unterscheidet sich Coaching durch den Einbau von kurzen Trainingssequenzen für spezifische Anforderungen. "Auftritt bei Verhandlungen, Eröffnung einer schwierigen Teamsitzung, Entscheidungsfindungen", nennt Knopf einige Beispiele dafür. "Coaching ist eine Art Navigationshilfe für Führungskräfte." Der Coach fungiert aber nicht als Therapeut, sondern führt und gibt immer wieder Feedback.

Supervision

Supervision als professionelle Beratungsform sei im System 'Person-Arbeit-Organisation' angesiedelt und diene der Steigerung von Zufriedenheit und Effizienz im Arbeitsleben. "Sie unterstützt bei der Bewältigung der alltäglichen wie beruflichen Herausforderung." Inhalte sind Probleme und Konflikte, die in beruflichen Situationen entstehen. Das Ziel der Supervision: die Reflexion von beruflichen Situationen – das kann im Einzelgespräch, im Team oder in der Gruppe geschehen. Die Teilnehmer sollen lernen, die damit verbundenen Probleme und Herausforderungen konstruktiv zu bewältigen, Konflikte zu lösen und Veränderungsprozesse aktiv zu steuern. Durch gezieltes Querdenken und oft überraschendes Fragen initiiert die Supervisorin/der Supervisor neue Antworten und Lösungen.

"Wir stellen allgemein eine steigende Nachfrage bei Supervision und Coaching fest, früher war beides eher im Sozialbereich zentral, heute in fast allen Berufsbereichen und auf fast allen Hierarchieebenen", erklärt Knopf die Veränderung im Trend. Aus seiner Sicht wird das Potenzial jedoch zu wenig oder oft zu spät genutzt um Situationen abzuklären und Lösungen zu finden.

Wer kann Coach oder Supervisor werden?

"Professionelle Beratung ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Da sowohl in Supervision als auch Coaching Menschen in ihren Berufskontexten unterstützt werden, sind grundlegende Voraussetzungen wie eine gefestigte Persönlichkeit, Lebens- und Berufserfahrung die Basis, um überhaupt eine Beratungsausbildung beginnen zu können", erklärt der Supervisor und Coach.

Die Standards der ÖVS akzeptieren daher nur Menschen zur Ausbildung, die ein Mindestalter von 27 Jahren haben, mindestens fünf Jahre ihren Beruf ausübten, einen höheren Bildungsabschluss (Universität, Fachhochschule, dokumentiertes Äquivalent) und ein ausreichendes Maß an Vorbildung in Selbsterfahrung und Weiterbildung besitzen. Hohe Standards werden von der ÖVS auch an die von ihr anerkannten Ausbildungen verlangt, damit man das Qualitätssiegel 'ÖVS' in der Berufsbezeichnung führen darf.

Mediation

"Eigenverantwortlich, freiwillig, lösungsorientiert, zukunftsorientiert, rasch", nennt Barbara Wurz, Vorsitzende des Österreichischen Netzwerks Mediation und eingetragene Mediatorin, die Stichworte für Mediation. Man verstehe darunter ein "strukturiertes Verfahren der Konfliktbearbeitung zwischen zwei oder mehr Personen, aber auch Unternehmen". Ein allparteilicher Mediator, beziehungsweise ein Team von Mediatoren, unterstütze die Konfliktparteien bei der selbstverantwortlichen Erarbeitung von zukunftsorientierten, möglichst einvernehmlichen Lösungen. "Zu den größten Vorteilen von Mediation zählen Kosten- und Zeitersparnis", so die Mediatorin.

Abgrenzung zu Coaching und Supervision

Die Abgrenzung zum Coaching beschreibt Wurz so: "In der Mediation gibt es mindestens zwei unterschiedliche Positionen beziehungsweise Interessen, die bearbeitet werden. Während der Mediator allparteilich eine Vermittlung versucht, ist es die Aufgabe des (Konflikt-)Coaches, seinen Klienten beim Verständnis und der Bearbeitung von Konflikten profunde Hilfestellung zu geben." Supervision sei von Mediation so zu unterscheiden: Mediation ist nicht die Erhöhung der beruflichen Professionalität oder das Aufdecken von verborgenen Zusammenhängen. Der Mediator begleitet seine Medianden im Prozess vom Dissens zum Konsens. "Er nimmt Supervision in Anspruch, um die Qualität der Arbeit zu sichern und seine professionelle Weiterentwicklung zu fördern", erklärt Wurz ein mögliches Zusammenspiel von Mediation und Supervision. (mat, derStandard.at, 18.6.2007)