Wien - Bis 1. Juli läuft die IFK-Ausschreibung für Senior und Research Fellowships für 2008/2009 noch. Damit werden kulturwissenschaftliche Projekte von ausgezeichneten und in ihrer wissenschaftlichen Laufbahn weit fortgeschrittenen WissenschafterInnen (Senior Fellowships) sowie Projekte promovierter WissenschafterInnen, die sich in einem frühen Stadium ihrer wissenschaftlichen Laufbahn befinden (Research Fellowships), gefördert.

Mit dieser Ausschreibung hat das IFK (Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften) einen neuen Forschungsschwerpunkt ("Kulturen der Evidenz") entwickelt. Weiterhin ausgeschrieben bleibt der Schwerpunkt "Die kulturellen Paradoxien der Globalisierung". "Freie Projekte" werden ebenfalls berücksichtigt.

"Kulturen der Evidenz"

Was heißt "Evidenz" in den Wissenschaften? Der Anspruch, "nackte Tatsachen" zu präsentieren, ist sowohl in den Natur- wie auch in den Geisteswissenschaften längst überwunden. Weithin herrscht Einigkeit darüber, dass sowohl die exakten Wissenschaften wie auch die Geisteswissenschaften ihre Gegenstände konstruieren und dass "Tatsachen" erst durch Praktiken der Evidenzerzeugung (wie Diagramme, Bilder, Formeln, Texte etc.) entstehen.

Wissenschaftlich ist also Evidenz stets hergestellt. In den letzten Jahren häufen sich aber die Vorbehalte gegenüber diesem konstruktivistischen Leitbild. Im Rückgriff auf die Phänomenologie wird daher seit kurzem versucht, dem Eigenleben der Dinge wieder zu ihrem Recht zu verhelfen. Die Gegenstände der Wissenschaften sind sowohl konstruiert als auch daseiend, vermittelt und unvermittelt, künstlich und natürlich.

Das IFK fördert Forschungen zur wissenschaftlichen, künstlerischen und kulturellen Wahrnehmung, die gleichzeitig versuchen, die anthropologischen Voraussetzungen von Wahrnehmung und Erkenntnisverfahren zu klären. Themen für Forschungsprojekte sind u. a.: die Interaktionen von Wahrnehmung, Medien und Sinneswahrnehmung; visuelle, akustische und sprachliche Herstellung von Evidenz; soziale, politische und juridische Formen der Beweisführung, etc.

"Die kulturellen Paradoxien der Globalisierung"

"Globalisierung" wurde zum Schlagwort in den aktuellen wissenschaftlichen und politischen Debatten und hat damit "Modernisierung" als Schlüsselbegriff von Theorien des sozialen und kulturellen Wandels abgelöst. Für die Geistes- und Kulturwissenschaften ergeben sich in Bezug auf das vielschichtige Verhältnis von Kultur und Globalisierung eine Reihe grundsätzlicher Fragen, die in diesem Forschungsschwerpunkt behandelt werden sollen. Themen für Forschungsprojekte sind u.a.: Fallstudien zur Kulturgeschichte der Globalisierung; europäische Kulturen und die Herausforderung der Globalisierung; der Transfer von Wissen und materieller Kultur und die Folgen für kollektive Selbstbilder; globale Städte und die Transformation urbaner Kulturen etc. (red)