Doris Bures will eine Gleichstellung aller Kinder.

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Kindergeld für alle Kinder fordert SPÖ-Frauenministerin Doris Bures. Kindergeld für ein paar nicht, etwa von „subsidiär schutzberechtigten“ Flüchtlingen, will ÖVP-Familienministerin Andrea Kdolsky durchsetzen. Szenen einer schwierigen politischen Nachlassverwaltung.

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Wien – Hat schon alles seine Richtigkeit. Das war die Reaktion von Familienministerin Andrea Kdolsky (ÖVP) auf die vom UNHCR, dem UN-Flüchtlingshochkommissariat im Standard vom Montag geäußerte Kritik am neuen Kindergeld-Entwurf. Nein, sie gedenke nicht, nach der Kritik dieser Organisation der Vereinten Nationen an ihrer Gesetzesnovelle diese dahingehend zu ändern, dass künftig auch alle Babys von Flüchtlingsfamilien mit dem Status „subsidiär schutzberechtigt“ Anspruch auf Kindergeld haben.

Kdolsky bleibt hart

Dass diese „legalen“ Ausländer mit Abschiebeschutz als einzige Kindergeldbeziehergruppe erwerbstätig sein müssen – was bei der von Schwarz-Orange viel gepriesenen Ausweitung auf Hausfrauen oder Studentinnen eben gerade nicht der Fall ist – soll laut Kdolsky auch so bleiben. Der Lebensunterhalt von subsidiär schutzberechtigten Flüchtlingen, es ginge laut UNHCR um „mehrere hundert“ Kinder, sei ohnehin „im Wege der Grundversorgung gesichert“, ließ die VP-Ministerin am Montag wissen.

Grünen-Familiensprecherin Sabine Mandak kritisierte das als Schaffung von „unnachvollziehbaren Härtefällen“.

Das UNHCR hatte die „enttäuschende“ Regelung als „integrationsfeindlich, diskriminierend und EU-rechtswidrig“ kritisiert. Die EU-Rechtswidrigkeit wies Kdolsky-Sprecher Jürgen Beilein unter Verweis auf den Verfassungsgerichtshof zurück. Das Ministerium interpretiere demnach das Kindergeld als Familienleistung – und nicht als Sozialleistung wie das UNHCR, die gemäß einer europarechtlichen Verpflichtung allen Flüchtlingen, anerkannten und subsidiär schutzberechtigten, gewährt werden müsse.

Bures für Gerechtigkeit

Von Kdolskys Gegenspieler auf SPÖ-Seite in der Kindergeld-Frage, Frauenministerin Doris Bures, kommt dagegen im Standard-Gespräch die klare Forderung nach „Gleichstellung aller Kinder. Jedes Kind muss uns gleich viel wert sein – unabhängig von Lebensform oder Aufenthaltstitel der Eltern. Das ist jetzt auch eine Chance für mehr Gerechtigkeit.“ Bures hat Kdolsky bereits am 4. Juni aufgefordert, alle subsidiär Schutzberechtigten ins Kindergeld einzubeziehen – noch erfolglos.

Bures, die die geplante Flexibilisierung maßgeblich auf den Weg brachte und „sehr froh“ ist über „den ersten Schritt für mehr Wahlmöglichkeit“, will zwei Gleichstellungspunkte im endgültigen Kindergeld-Gesetz verankert wissen: „Alleinerziehende sollen in der neuen Wahlvariante wie Paare die volle Bezugsdauer von 18 Monaten für die Betreuung bekommen, und nicht nur 15. Warum sollen diese Kinder weniger bekommen?“, fragt Bures.

Als zweite ungleich behandelte Gruppe müssten alle „subsidiär Schutzberechtigten“ Kindergeld erhalten: „Wir dürfen da keine Differenzierung bei Kindern zulassen.“

Neben der alten Langform (436 Euro pro Monat, 30 Monate bzw. 36 für beide Partner) soll es eine neue „Kurzleistung“ geben mit monatlich 800 Euro, 15 Monate plus drei, wenn auch der Vater daheim bleibt (derzeit sind das 3,6 Prozent).

Noch mehr Flexibilität beim Kindergeld (Anreize für früheren Wiedereinstieg, einfacheres Zuverdienen, Erleichterungen für partnerschaftliche Elternschaft, qualitätsvolle Kinderbetreuung) wünschen sich auch alle Sozialpartner.

Für einen radikalen Systemumbau wie Deutschland (Wissen rechts) mit dem Elterngeld scheint Österreich noch nicht reif zu sein, sagt der Sozialbereichsleiter der Arbeiterkammer Wien, Christoph Klein, zum Standard: „Das wäre im Moment eine sozialpsychologische und gesellschaftspolitische Überforderung.“ Nicht jeder wolle ein einjähriges Kind fremdbetreuen lassen, und die adäquaten Plätze dafür fehlten auch.

Das Elterngeld würde vor allem gut qualifizierten Frauen helfen und den Väteranteil erhöhen. Die AK hat für den Standard die reinen „Elterngeld“-Kosten (ohne Kinderbetreuungsoffensive für Kleinstkinder) für Österreich errechnet: 650 bis 700 Millionen Euro pro Jahr. Das Kindergeld kostet 940 Millionen – dafür „spart“ sich die Regierung Kinderbetreuungsplätze für die Kleinsten, da Mama eh länger daheim bleiben darf/muss.(Lisa Nimmervoll/DER STANDARD, Printausgabe, 19.6.2007)