Tausende haben am Dienstag Abschied von der Verstorbenen genommen. In langen Schlangen zogen die Menschen auf dem Platz der Revolution in Havanna an einem übergroßen Foto Vilma Espíns vorbei. Espín Guillois wurde als "Heldin des Untergrunds und beachtenswerte Kämpferin unserer Rebellenarmee, unermüdliche Kämpferin für die Emanzipation der Frau und die Verteidigung der Kinderrechte" gewürdigt. Die Flaggen wehten auf Halbmast, bis Dienstagabend galt Staatstrauer. Am Abend fand zudem ein Festakt im Karl-Marx-Theater in der Hauptstadt statt, an dem auch ein traurig, aber gefasst wirkender Raúl Castro in Begleitung seiner vier Söhne und acht Enkel teilnahm. Auf dem Platz der Revolution hatte er zuvor als erster eine rosafarbene Rose vor dem Bild seiner Frau niedergelegt. Espín sollte später im Kreis der Familie in ihrer Heimatstadt Santiago de Cuba beigesetzt werden. Noch keine Äußerung zum Tod der Revolutionsheldin kam von Staatschef Fidel Castro, der seit fast einem Jahr nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetreten ist. Der inzwischen 80-jährige hatte aufgrund mehrerer Operationen im vergangenen Juli die Staatsgeschäfte seinem Bruder Raúl übergeben.
Letzte bedeutende Frau der Revolution
Mit dem Tod der 1930 geborenen Espín verliert Kuba die letzte bedeutende Frau der Revolution. Nach ihrem Chemieingenieurstudium in Kuba und an der Eliteuniversität Massachusetts Institute of Technology (MIT) ging sie 1957 in den Untergrund und beteiligte sich am Kampf der RebellInnen gegen Batista. In dieser Zeit, als sie den Decknamen "Débora" trug, lernte sie Raúl Castro kennen, 1959 heirateten die beiden.
Nach der Machtübernahme Fidel Castros galt Espín als die wahre First Lady Kubas, die sich im Gegensatz zu Fidels Frau Dalia Sotto del Valle aus der Öffentlichkeit nicht fernhielt. Die Tochter eines Kubaners und einer Französin engagierte sich als Präsidentin der kubanischen Frauenvereinigung für die Gleichberechtigung, um "die Kraft der Frauen in den Dienst der Revolution zu stellen".