Der überwiegende Teil der großzügigen Holzhäuser Schwarzenbergs stammt aus dem 18. Jahrhundert.

Foto: Peter Mathis/VT
Was ein - nach Goethe - "Weib von ungeheurem Talent" in Österreich wert sein kann, soll man in Geld gar nicht messen, auch wenn ihr Porträt einst die Hundert-Schilling-Note zierte. Wie viel dieses "Weib" - Herder nannte sie anerkennend die "wahrscheinlich kultivierteste Frau Europas" - den Vorarlbergern bedeutet, kann man aber seit mindestens hundert Jahren im Bregenzerwald nachvollziehen. Dass die bekannteste "Bregenzerwälder" Malerin Angelika Kauffmann eigentlich Schweizerin war, stört ja im äußersten Westen bekanntermaßen nur selten.

In guter alter Tradition begehen Schwarzenberg und Bregenz heuer ein Gedenkjahr zum zweihundertsten Todestag Kauffmanns. In alter Tradition deshalb, weil ihr das Vorarlberger Landesmuseum bereits 1907 mit einer pompösen Ausstellung gedachte. Nur, wie passt die 1741 in Chur geborene Kauffmann ausgerechnet nach Schwarzenberg? Ihr Selbstporträt, das sie für den Bregenzerwald werbetechnisch so wirksam in der Wälder-Tracht zeigt, schaffte es gar nicht erst weiter als bis nach Innsbruck. Sie selbst hingegen brach recht früh nach Italien und London auf, wo sie 1768 zu einem der Gründungsmitglieder der Royal Academy of Arts wurde.

Ihr enger Bezug zum Bregenzerwald, der heute gerne betont wird, gründet auf einer anderen Tatsache: 1757 kehrte sie nach dem Tod der Mutter ins väterliche Haus in Schwarzenberg zurück und hinterließ dort Spuren. Und ihr Eintreffen im Dorf fällt auch mit der Gründungsgeschichte des "modernen" Ortsbildes zusammen. Als Schwarzenberg 1755 niederbrannte, wurde nämlich jenes urbane Stadtbild geschaffen, das seit 1989 unter Denkmalschutz gestellt ist und heute die Basis für die touristische Relevanz des Orts darstellt. An dieser "Ortsbildverschönerung" war Kauffmann mit der Schaffung der zwölf Freskenbilder der Apostel in der Dorfkirche zweifellos direkt beteiligt: die einzigen Fresken, die ihrem OEuvre zuzurechnen sind und die noch dazu ein wenig zufällig entstanden sind, denn den Auftrag dafür hatte eigentlich ihr Vater erhalten.

Man dankte ihr die "in sub" erbrachte Leistung jedenfalls gebührend: mit dem Angelika-Kauffmann-Saal, wo jeden Juni die Schubertiade stattfindet, ebenso wie mit dem Angelika-Kauffmann-Museum, das eigentlich ein besseres Heimatmuseum ist und eben heuer auch die ihr gewidmete Großausstellung präsentiert.

Gefeierte Jubiläen "wilder Weiber" sind im Bregenzerwald allerdings keine Einzelerscheinung. Dafür sorgt zu allererst einmal das Frauenmuseum in Hittisau. Das sich ebenfalls nicht daran stößt, geografisch ein wenig zu schweifen. Den hundertsten Geburtstag der 1976 verstorbenen Allgäuer Fotografin Lala Aufsberg zelebriert man schon deshalb mit einer Sonderausstellung, weil ihr "weiblicher Blick" auf den Bregenzerwald ein heimatkundlicher und dennoch wilder war. Als eine der bekanntesten Kunstfotografinnen der Nachkriegszeit zeichnete sie vom Bregenzerwald ein Bild, wie man es nach der Modernisierung in den 1950ern gerne eingefroren hätte.

Warum man heuer auch in Krumbach einen "weiblichen" Zweihunderter feiert, liegt auf der Hand: Im Sommer 1807 wurde die ehemalige Bregenzerwälder Bauernrepublik Bayern zugesprochen, was vor allem einigen Frauen dort nicht passte. Unter Führung von Christine Heidegger und Magdalena Schoch zogen mehrere hundert Frauen (allerdings auch Männer) nach Bezau, um das Landesgericht zu stürmen und die Republik zurückzufordern. Ein erfolgloses Unternehmen, das heute als "Krumbacher Weiberaufstand" bekannt ist und an wenigstens sechs Abenden im Juli als Openair-Theaterstück thematisiert wird. (Sascha Aumüller/Der Standard/Printausgabe/23./24.6.2007)