Velojet: "This Quiet Town" (Wohnzimmer/Hoanzl 2007)

Coverfoto: Wohnzimmer Records
Warum nicht gleich mit dem Unwichtigsten beginnen, wenn's doch Freude macht? Dank an die Band dafür, einen "Hidden Track" nicht zu verstecken, sondern einfach als so betitelte - und eigens anwählbare - Abschlussnummer aufs Album zu setzen. Tod der pestigen Mode, die in den letzten fünf, sechs Jahren wieder aufgeflammt ist, Hidden Tracks mit bis zu halbstündigem Abstand an die letzte Nummer anzuflanschen! Eine Lose-Lose-Situation: Entweder plärrt zu einem Zeitpunkt, da man den CD-Player längst vergessen hat, plötzlich irgendein verzichtbares, halbfertiges Ding los oder - noch schlimmer, aber dafür weit seltener - es ist ein wirklich gutes Stück ... das man in Zukunft nur mehr mit Dauerdruck auf die Forward-Taste wiederhören kann.

... aber ich schweife ab. Velojet, wir erinnern uns: 2005 verblüfften René Mühlberger (Gesang und Gitarre), Irene Grabherr (Keyboards), Marlene Lacherstorfer (Bass) und Michael Flatz (Schlagzeug) mit einem Debüt-Album, das mit seinem unbeschwerten Uptempo-Gitarrensound aus Skandinavien oder vielleicht auch England zu kommen schien, nicht unbedingt aber aus Steyr. Schließlich ist das österreichische Klima dem klassischen 3-Minuten-Popsong gegenüber traditionell wenig freundlich.

Genau zwei Jahre sind seit dem Debüt vergangen - eigentlich ein ganz normaler Zeitraum bis zur nächsten Veröffentlichung. Dahinter verbirgt sich aber, dass es mit "This Quiet Town" doch ein wenig länger gedauert hat als ursprünglich geplant. Songs wurden neu abgemischt und arrangiert, nicht eben leichter gemacht durch die Geografie: Drei der Bandmitglieder studieren und leben in Wien, nur René lebt die Hälfte der Woche noch in Steyr, was zu mehrmonatigen Wochenendsitzungen - hangin' around, always stuck in the same place - und gesteigerter Einsamkeit führte. Und zur ergänzenden Aufnahme ruhigerer, weniger fröhlicher Nummern.

Und ohne grausam klingen zu wollen: Es hat dem Album gutgetan. Durch "This Quiet Town" zieht sich eine ganze Reihe feiner Bruchlinien, es ist mehrdimensionaler geworden als sein Vorgänger. Kaum ein Song ohne Tempo- und Rhythmuswechsel: "I Follow My Heart" läuft auf der bandtypischen Schnellspur dahin, um dann in einem langsamen Großformat-Finale auszuschallen. Und etwa ein Drittel der Songs sind Balladen, oder genauer gesagt: sie beginnen als solche, um dann - siehe "Waiting For A Long Time" - im Refrain doch noch ordentlich loszukrachen.

"Between the light and the dark we found our spark again"

"I'm so hungry" wälzt sich im Dreivierteltakt dahin, während sich "Head Under Water" leichten Fußes auf die Spuren der Beatles begibt. "Beatles" in dem Fall nicht als Chiffre für die 60er Jahre im allgemeinen gemeint, sondern wirklich Beatles: Nach deren Schrei(die Band)-und-Kreisch(das Publikum)-Phase, als perfekt modellierte Pop-Kunststücke wie "Eleanor Rigby" entstanden. Nur dass all the lonely people bei Velojet den Zug ins Leben noch erwischen; kein schwermütiger Text, der nicht doch noch ein positives Schlusswort fände.

Den Impuls, der Velojet seit Beginn vorangetrieben hat, haben sie nicht verloren, dafür an Substanz gewonnen. Führten vor zwei Jahren der Überraschungseffekt und die geballte positive Ladung zur sofortig umwerfenden Wirkung, dann sind es diesmal die ausgefeilter gewordenen Kompositionen. War das Debüt ein Album für den ersten Blick, dann ist "This Quiet Town" eines für den zweiten - und der hält bekanntlich länger an. (Josefson)