Wien - SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Barbara Prammer schließt sich der Kritik des Rechnungshofes am Objektivierungsgesetz an: Die Umsetzung dieses Gesetzesentwurfs würde sämtliche Bemühungen zur Frauenförderung im Bundesdienst zunichte machen. "Frauenpolitisch stellt das Objektivierungsgesetz einen enormen Rückschritt dar, da auf das gültige Gleichbehandlungsgesetz keine Rücksicht genommen wird", argumentierte die frühere Frauenministerin im Pressedienst der SPÖ. Besonders beanstandete Prammer, dass das Kernstück des Gleichbehandlungsgesetzes, die Frauenförderung, in folgenden Punkten ausgehebelt würde: "Die bevorzugte Aufnahme von Frauen bei Dienststellen, bei denen der Frauen-Anteil unter 50 Prozent liegt, soll von einer Soll-Bestimmung in eine diffuse und geradezu zynische Kann-Bestimmung, die sich ausschließlich in der Ausschreibung spiegelt, umgewandelt werden." Keine Beschwerdemöglichkeiten Weiters wurde im Bundesgleichbehandlungsgesetz ein Verbot von Diskriminierung auf Grund einer Kinderpause extra betont, das sei mit dem geplanten Gesetz in Gefahr. Und: "Gab es bisher bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes Beschwerdemöglichkeiten so ist keine Rede mehr davon im neuen Gesetzesentwurf, wenn eine Postenvergabe vom Objektivierungskontrollsenat genehmigt wurde", kritisierte Prammer. Rechnungshof empfiehlt Verzicht auf Objektivierungsgesetz Kein gutes Haar ließ der Rechnungshof (RH) zuvor in seiner Stellungnahme am Entwurf für ein neues Objektivierungsgesetz: Nach kritischen Anmerkungen zu vielen Details "erlaubt sich der RH anzuregen, nochmals zu überdenken, ob nicht auf die vorgeschlagene Totalrevision der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen besser verzichtet werden sollte" - zumal es keine Hinweise gebe, dass "die bestehenden Vorschriften nicht geeignet sind, objektive Vergaben von Leitungsfunktionen und Personalaufnahmen sicherzustellen". Die Neuregelung sei mit dem Regierungsziel der Verwaltungsvereinfachung "keinesfalls vereinbar", zumal eine neue Behörde eingerichtet werden soll, und sie würde einen Mehraufwand in Millionenhöhe verursachen. Gegen Riess-Passer argumentiert In dem von Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F) im Juni vorgelegten Entwurf wird argumentiert, dass trotz bestehender Vorschriften zur Besetzung von Leitungsfunktionen und Aufnahme in den Bundesdienst "in der Bevölkerung der Eindruck bestehen bleibt, dass die Vergabe dieser Funktionen nicht nach objektiv-nachvollziehbaren Kriterien erfolgt". Dies sieht der RH anders: Weder in seinen Prüfungen, noch in Briefen von BürgerInnen, noch aus der Tätigkeit der Volksanwaltschaft gebe es einen solchen Hinweis. Und: "Selbst die Erläuterungen des Entwurfes zeigen keine derart gravierenden Mängel der derzeit geltenden Bestimmungen auf, welche eine in Aussicht genommene Totalrevision des bisherigen Besetzungsverfahrens rechtfertigen könnten." Ein endgültiges Urteil konnte der RH nicht abgeben, weil der Entwurf mit den nötigen verfassungsrechtlichen Änderungen noch nicht vorliege. Und deren wird es viele geben, da zahlreiche geplante Bestimmungen mit den bestehenden Verfassungsregelungen "nicht in Einklang zu bringen sind". Entwurf kritisiert Auf rund zehn Seiten kritisiert der RH im Detail den Entwurf. Zwei Maßnahmen sollten, hieß es, sicherstellen, dass für die Postenbesetzung im öffentlichen Dienst "nur die Qualifikation" zählt: Die Einrichtung eines Objektivierungskontrollsenates, an den sich abgelehnte BewerberInnen wenden können, und die Beiziehung externer PersonalberaterInnen in Gutachtens-Kommissionen. Beides kritisiert der RH. Die zwingende Beiziehung eineR externen BeraterIn als fünftes Mitglied der Kommissionen, die bei Postenbesetzungen Gutachten über BewerberInnen abgeben, bietet "nach Auffassung des RH keine Gewähr, dass - wie behauptet - allfällige Mängel der derzeitigen Regelung beseitigt werden". Sie wäre mit der bewährten paritätischen Zusammensetzung der Kommission nicht vereinbar. Nicht klar sei, wie die/der BeraterIn bestellt wird. "Eine denkbare Auslegung" wäre, dass die/der ZentralstellenleiterIn die Person zu bestellen hat, die ihm Riess-Passers Ressort auf Grund einer "letztlich nicht nachvollziehbaren Auswahlentscheidung" nennt. Krasser Widerspruch zum geforderten 'schlanken Staat' Die Schaffung der neuen Behörde Objektivierungskontrollsenat stehe "in krassem Widerspruch zum geforderten 'schlanken Staat'". Es würden hier Bereiche geregelt, die "in der vielfach als vorbildhaft dargestellten 'Privatwirtschaft' als Ausfluss der Führungsverantwortung völlig ungeregelt sind". "Seltsam" sei, dass der Senat zwar ein Kollegialorgan sein, aber nicht gemeinsam entscheiden soll. Dass er "allgemeine Kontrollbefugnis" bekommen soll, sei nicht systemkonform: Erstmals hätte eine Rechtsmittelinstanz diese Befugnis - für die derzeit schon die Volksanwaltschaft zuständig sei. Die Formulierung könnte überdies, warnt der RH, "geradezu als Einladung gesehen werden", dass alle BewerberInnen, auch die nicht in einem Dreiervorschlag stehen, Beschwerde einlegen. "Die Gefahr, dass diese Möglichkeit auch missbräuchlich genutzt wird, sollte nicht gering geachtet werden." Probleme könnte der Entwurf auch bringen, wenn sich nicht mindestens drei BewerberInnen für einen Posten finden: Die Regelung lasse nämlich offen, ob dann ein Zweier- oder Einervorschlag möglich ist. Nicht ganz klar geregelt ist zudem, für welche ausgegliederten Unternehmen die neuen Regelungen gelten. Wenn auf die "Kontrolle durch den RH" abgestellt wird, so sei dies "mehr als unscharf". Die Frage, ob dies der Fall ist, könne letztlich nur vom VfGH bei einer konkreten Meinungsverschiedenheit mit dem RH entschieden werden. (APA)