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Grafik: Archiv
Der Diskussionsprozess hat wohl länger gedauert, als ursprünglich erwartet worden war, nun ist es aber soweit: Nach nicht ganz 16 Jahren wird die bedeutendste freie Softwarelizenz, die GNU General Public License, noch heute in einer frischen Fassung veröffentlicht.

Aufbauend

Die Überarbeitung der Lizenz will dabei die bisherige Ausgabe nicht über Bord werfen, sondern eher an heutige Bedürfnisse anpassen, wie der GPL-Verfechter Bruce Perens gegenüber dem Magazin Wired festhält. Viele der jetzt abgedeckten Problematiken hätten damals, als die GPLv1 und v2 abgefasst wurden, noch keine Rolle gespielt.

DRM

Veränderungen im die Software umgebenden Ökosystemen, denen man mit der GPLv3 nun Rechnung tragen möchte: Im Zentrum stehen neue Paragraphen gegen Digital Rights Management und Softwarepatente, sowie einige Absätze, die diverse unerwünschte Hintertüren schließen sollen.

Trickreich

Dazu gehört vor allem ein Absatz, der sich um die sogenannte "Tivoisierung" dreht. Der Set-Top-Box-Hersteller Tivo verwendet in seinen Geräten unter der GPL veröffentlichte Softwarekomponenten, verunmöglicht den BenutzerInnen aber ein Anpassen der Systemsoftware. Mit der GPLv3 wird so ein Vorgehen explizit untersagt, will Tivo also künftig auch unter der neuen Version der Lizenz stehende Software einsetzen, wird man diesen Zugriff erlauben müssen - oder eine Klage riskieren.

Patente

Ein Punkt, der den ganzen Diskussionsprozess rund um die GPLv3 überschattet hat, ist die Sektion 11 der freien Lizenz. In diesem werden Patentschutzabkommen für Unternehmen, die GPLv3-Software ausliefern untersagt. Ein Abschnitt der als Folge des im November 2006 geschlossenen Abkommens zwischen Novell und Microsoft auch auf Abmachungen, die nur die eigenen KundInnen schützen sollen, ausgeweitet wurde.

Zweig

Wer sich daran nicht hält, muss künftig also darauf verzichten GPLv3-Software auszuliefern, ein Umstand der zu heftigen Diskussionen in der Linux-Community geführt hat. Immerhin hätte dies geheißen, dass Novell davon betroffen wäre und alle Programme, die auf die GPLv3 umstellen, ab diesem Zeitpunkt abzweigen und selbst warten hätte müssen. Angesichts dessen, dass Novell doch zahlreiche zentrale EntwicklerInnen in vielen Bereichen stellt, ein Umstand, der auf beiden Seiten Probleme bereitet hätte.

Kompromiss

So ist dann eine Art Kompromisslösung herausgekommen: Der betreffende Absatz ist zwar in der GPLv3 weiterhin enthalten, gilt allerdings erst für Abmachungen, die nach dem 28.03.2007 geschlossen wurden. Das Novell-Microsoft-Abkommen, das bereits im November 2006 unterschrieben wurde, fällt also nicht mehr darunter. Abzuwarten bleibt, wie künftig die Linux-Distributoren Linspire und Xandros mit dieser Situation umgehen, die ihre eigenen Patentabkommen mit Microsoft erst nach dem Stichtag getroffen haben. Selbiges gilt für eine Reihe von Hardwareherstellern, die Linux einsetzen und mittlerweile ebenfalls mit den Redmondern in Patentfragen übereingekommen sind.

Kernel

Fürs erste bleibt aber ohnehin einmal abzuwarten, wie viele Projekte überhaupt auf die GPLv3 "upgraden" werden, immerhin muss eine Änderung der Lizenz aktiv betrieben werden und passiert nicht automatisch. In der Vergangenheit haben sich viele Projekte gegenüber der GPLv3 kritisch geäußert, allen voran Linux-"Erfinder" Linus Torvalds selbst, der immer wieder betont, dass die GPLv2 für ihn weiterhin die bessere Wahl sei. Nach der Entschärfung einiger Teile der GPLv3 lehnt er aber immerhin die Nutzung der neuen Lizenz für den Linux Kernel nicht mehr kategorisch ab.

Upgrade

Andere Projekte denken hingegen offen über eine Benutzung der GPLv3 nach, etwa SUNs Open Source Betriebsystem Open Solaris, das bisher unter der eigenen Lizenzkreation CDDL steht. Auch ist zu erwarten, dass maßgeblich von der Free Software Foundation (FSF) betriebene Projekte - wie die glibc oder der Compiler gcc - bald unter die neue Lizenz gestellt werden. Schließlich hat die FSF die die zentrale Rolle beim Entwurfsprozess der GPLv3 gespielt.(apo)