Fat-Cat-Syndrom heißt das Phänomen, wonach im Gunstkreis der Mächtigen ja bekanntlich gut Karriere zu machen ist. Ist es also verwerflich, solcherart planvoll an die Leute an den Schalthebeln heranzurücken, um die eigene Karriere auf Touren zu bringen, sich Anregungen und Anleitungen zu holen? Wir sagen in unserem Cross-Mentoring-Projekt: nein. Weil es dort nicht darum geht, den „Names“ aus den Unternehmen lobhudelnd einen Drink nachzutragen. (Das würden beide Seiten auch recht absonderlich finden.)

Im Gegenteil: Der Mentoring-Circle ist inhaltlich anstrengend – insofern, als es um das Erfüllen eigennützigen Profits für beide Seiten geht: persönlich, menschlich, beruflich. Und das über Branchen- und Funktionsgrenzen hinweg. Reibungsflächen sind damit programmiert, wenn es komplett verschiedene Zugänge aus komplett verschiedenen Welten für ein und dieselbe Lösung geht. Das setzt eine Menge Offenheit, Selbstwert und geleistete Reflexion voraus. Sich helfen zu lassen und Probleme als solche zu formulieren ist bekanntlich nicht immer easy – vor allem, wenn man sich, so wie unsere Mentees, bereits eine herzeigbare berufliche Funktion erarbeitet hat. Als Lehrende hinterfragt zu werden und selbst Inputs anzunehmen ist auch nicht für alle Vorstände und Firmeneigner (wie für unsere Mentoren) selbstverständlich.

Ein Jahr Mentoring-Circle, das Feedback und die Karriereverläufe unserer Mentees und Mentoren haben uns bewiesen: 1.) Mentoring ist kein Luftgebilde für Amateur-Netzwerker, sondern ein hochwirksames Instrument der Personalentwicklung, dem der branchenübergreifende Ansatz noch einmal Potenzial einräumt. 2.) Die lange Sorgfalt im Vorfeld, beim „Matching“ der Paare, zahlt sich aus und ist Basis für die Erfüllung der 3.) eigen_nützigen Profit-Orientierung: Beide Seiten wachsen, innerlich und auch äußerlich, wie etwa unser Mentor Friedrich Seher, der sich nun für den Chefsessel von Interspar entschieden hat. (Karin Bauer, Der Standard, Printausgabe 7./8.7.2007)