Graz – Zwang und Gewalt in der Prostitution sowie Menschenhandel seien in der Steiermark weniger in legalen Bordellen als vielmehr in der illegalen Wohnungsprostitution zu suchen. Und Druck ausübende Ausbeutende seien nicht in erster Linie BarbetreiberInnen, sondern – zusätzlich abkassierende – Zuhälter, skizzieren Kripo-Beamte Trends im steirischen Sex-Gewerbe.

In Wohnungen und auf der Straße ist Prostitution in der Steiermark zwar verboten, in angemeldeten Bordellen, die bestimmte Auflagen erfüllen müssen, aber erlaubt. Entsprechend viele Etablissements – gut 120 – gibt es in der Steiermark.

Druck und Zwang: vor allem in der Wohnungsprostitution

Druck und Gewalt kämen zwar auch in Bordellen vor, sagt Karl Strohmeier von der Prostitutions- und Menschenhandelsabteilung der Kripo Graz. Viel stärker seien sie jedoch in der Wohnungsprostitution zu Hause. Dies begründet er damit, dass die Polizei angemeldete Bordelle ständig kontrolliert und sich den Zugang zu diesen sogar erzwingen kann. So stünden auch die BetreiberInnen unter laufender Beobachtung. "Leute, die auf Ausbeutung aus sind, sind daher eher in der Wohnungsprostitution aktiv." Organisiert werde diese meist gemeinsam von österreichischen VermieterInnen und ausländischen ZuhälterInnen. Weil es keine Kontrollen gibt, werde hier auch stärker so genanntes "Ohne-Service", also Sex ohne Kondome, geboten.

"Stark verändert" hat sich laut Strohmeier der Typus des Zuhälters. Vorwiegend handle es sich heute um Männer, die aus denselben Ländern wie die betroffenen Frauen oder gar schon mit diesen gemeinsam nach Österreich kommen. Druck ausgeübt werde weniger durch körperliche Misshandlungen als durch "psychische Mittel". Und laut einer langjährigen Grazer Sexarbeiterin setzen etliche Zuhälter auch auf Liebesbeziehungen und bringen so Frauen dazu, ihnen ihre Einkünfte freiwillig abzugeben. Nicht wenige Prostituierte liefern an zwei Leute Geld ab: an BordellbetreiberInnen einerseits und an Zuhälter andererseits.

Kripo: Zu wenig Personal

Obwohl es in der Steiermark vergleichsweise besonders viele Prostituierte gibt, existiert bis heute keine einzige Anlauf- oder Beratungsstelle für diese. Ein großes Problem sei auch, dass es hier keine Unterbringungsmöglichkeiten für von Gewalt betroffene Prostituierte gibt, sagt Manfred Flicker von der Kripo Steiermark. Dazu kommt, dass die Polizei über viel zu wenig Personal verfügt, um den Problemen gerecht werden zu können.

Flickers Gruppe soll auf Steiermark-Ebene mit nur sieben Personen Schlepperei, Prostitution, Menschenhandel und "Scheinehen" abdecken. Dabei sind Ermittlungen in diesem Metier besonders aufwändig: Gerade wenn es um erzwungene Prostitution und Menschenhandel geht, müsse die Polizei in achtzig Prozent der Fälle von sich aus tätig werden. Entsprechende Hinweise kommen fast nie von den Betroffenen selber, weil diese zu viel Angst haben. Derzeit können Flicker und Kollegen pro Jahr gerade einmal etwa fünf größeren Rotlicht-Fällen nachgehen – schließlich haben sie es oft mit großen, über mehrere Länder verzweigten Netzwerken zu tun. "Vieles", sagt Flicker, "kommt nie ans Tageslicht". (Gerlinde Pölsler)