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Foto: APA/DPAPetra Berger
Wako/Bremerhaven - Fast alle Lebewesen des Meeres werden in irgendeiner Art vom Menschen genutzt. Eine Tiergattung scheint allerdings bis jetzt in Europa davon verschont geblieben zu sein: Quallen. Bisher gab es in asiatischen Kochbüchern Rezepte für Quallengerichte, aber das konnte der großen Quallenplage vor den Küsten Japans keinen Einhalt gebieten. Nun haben Forscher entdeckt, dass der Schleim, den Quallen produzieren, für die Kosmetik- und Pharmaindustrie einen wertvollen Rohstoff darstellt, berichtet das Wissenschaftsmagazin New Scientist.

Muzine sind organische Schleimstoffe

Kiminori Ushida vom Institute of Physical and Chemical Research in Wako hat den Schleim von fünf verschiedenen Quallenspezies extrahiert und eine sehr interessante Entdeckung gemacht: Es fanden sich große Mengen von Muzinen darin. Muzine sind organische Schleimstoffe aus der Gruppe der Glycoproteine, also Makromoleküle aus einer zentralen Proteinkette und langen Seitenketten aus Zuckerverbindungen. Durch ihre Wasserbindungskapazität und die Fähigkeit, sich untereinander zu vernetzen, haben Muzinlösungen eine gelartige, schleimige Struktur und hohe Viskosität.

Quallenplage zeigt Probleme des Ökosystems an

Ushidas Forschungsteam hat die Arbeit an den Quallen auch deshalb interessiert, weil vor den Küsten Japans derzeit eine wahre Quallenplage herrscht. Die Tiere haben sogar Zu- und Abflüsse eines Kernkraftwerkes verstopft. Experten führen das extreme Auftreten der Tiere auf Umweltverschmutzung zurück. "Tatsächlich ist das massenhafte Auftreten von Quallen ein Hinweis darauf, dass etwas im gesamten ökologischen System nicht stimmt", so Kristina Barz, Expertin für Quallen vom Alfred-Wegener-Institut für Polar und Meeresforschung. "Auch im Mittelmeer treten jährlich große Mengen von Quallen in genau jenen Regionen auf, in denen Menschen ihren Badeurlaub verbringen", erklärt die Forscherin.

Gründe für Auftreten der Quallen

Für das vermehrte Auftreten der Quallen sind verschiedene Gründe mitverantwortlich. "Einer davon ist definitiv die Überfischung, denn Quallen und Fische teilen sich dieselbe Nahrung. Sie sind also Nahrungskonkurrenten. Beim Wegfall einer der beiden Konkurrenten kann sich der andere einen Vorteil verschaffen." Ein anderer Grund sei auch der Wegfall der Fressfeinde. "Es gibt nämlich eine große Zahl von Fischen, Schildkröten und Seevögeln, die Quallen auf ihrem Speiseplan haben", führt Barz aus. Quallen sind darüber hinaus auch relativ robust gegenüber Klimaveränderungen. "Das bedeutet, dass auch ungünstige Lebensumstände wie Wassererwärmung oder Sauerstoffarmut die Quallen überleben lassen. Fische oder andere Meereslebewesen sind wesentlich empfindlicher", erklärt die Wissenschaftlerin. Indirekt sei auch die Umweltverschmutzung, die zu einem höheren Nährstoffeintrag und zu einem Sauerstoffentzug führt, mitverantwortlich für das massenhafte Auftreten der Quallen.

Menschliches Wirken verantwortlich

"Ein weiterer Grund für die Ausbreitung der Quallen ist auch der Ausbau von Hafenanlagen und damit verbunden die Schaffung von zusätzlichen künstlichen Hartsubstraten am Meeresboden", so Barz. Dies sei insbesondere für den Vermehrungszyklus der Quallen ein wesentlicher Beitrag. "Generell kann man sagen, dass das menschliche Wirken definitiv verantwortlich dafür ist, dass die Quallen in derartig großen Mengen auftreten". (pte)