Ganz bei sich und doch unter uns: George Michael beim Wien-Konzert seiner "25 Live Tournee".

Foto: Heribert Corn
Wien - Das einzige, das ein wenig überholt wirkte, waren nicht etwa die alten 1980er-Hadern wie Everything She Wants, die George Michael live gut aufgepeppt als scheinbar ewig gültige Songs präsentierte und zu denen das Publikum aus voller Kehle den Chor gab. Shoot The Dog, ein Song, in dem sich der britische Superstar über Tony Blairs hündische Ergebenheit gegenüber George W. Bush und dessen Kriegspolitik lustig macht, ist bekanntlich unlängst von der Realpolitik eingeholt worden.

Der fast ausverkauften Wiener Stadthalle war das egal. Als am Ende der Nummer ein riesiger US-Präsident überdimensional aufgeblasen mit einem England repräsentierenden Hündchen am Hosentürl auf der Bühne schwebte und George, unser Held, zwecklos versuchte, den Wauwau wegzuziehen, war das trotz mittlerweile neuem Premier Gordon Brown eine Lachnummer.

Sein Publikum hatte der britische Sänger, der eigentlich Georgios-Kyriacos Panayiotou heißt, aber schon zuvor gewonnen. Michael, der als eine Hälfte der 80er-Jahre-Popper Wham! für zumindest zwei der übelsten Songs dieser Zeit verantwortlich ist - Wake Me Up Before You Go-Go und den saisonal verlässlichen Tantiemen-Bringer Last Christmas -, etablierte sich nach dem Ende von Wham! als Soul-Pop-Sänger, dem es wie kaum einem im Mainstream-Pop gelingt, den schmalen Grat zwischen Schmalz und Schmelz souverän zu meistern. Manchmal vereint er die beiden Zutaten auch einfach und singt eine tranige Ballade wie etwa Pray For Time - am Barhocker. Aktuell befindet sich der outputfaule Sänger noch immer auf seiner im Herbst begonnenen "25 Live Tournee", um vor allem eines zu beweisen: Diese singende Goldketterlsammlung im Designeranzug ruht in sich selbst wie wenige in diesem Fach. Das mag seiner offen ausgesprochenen Neigung zum Rauchen verbotener, aber der Entspannung sehr zuträglicher Gräser geschuldet sein - oder dem privaten Glück.

Ganz bei sich führte er also durch Auszüge seines Gesamtwerks, streifte dabei Songs wie die Disco-Wumme Flawless (Go To The City), das reduziert dargebotene Faith, das aus dem Schmalzfass heraus gesungene Father Figure, das auch nicht schlecht triefende Jesus To A Child, das für sich selbst sprechende Too Funky oder das gleich nach der Pause gespielte Outside.

Dazu kam er in einer Polizei-Uniform auf die Bühne, samt Cop-Sonnenbrille und - Huch! - Handschellen am Gürtel. So ironisierte er jenen Zwischenfall auf einer Herrentoilette in Los Angeles 1998, als Michael in eine ihm gestellte Falle tappte, die dem homosexuellen Sänger ein Zwangsouting bescherte. Wer heute unberührbarer denn je dasteht, ist aber klar: er, der Schutzheilige der Barttrimmer-Industrie. Der 44-Jährige untermauerte jedenfalls seine Ausnahmestellung im Pop-Zirkus, und wenn der (unnötige) Titel "King of Pop" jemandem gebührte, dann ihm. Fakt. (Karl Fluch/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16. 7. 2007)