Gute Freunde zeichnen sich dadurch aus, dass sie in schwierigen Situationen nicht nur einfach für einen da sind, sondern einem - wenn nötig - auch einmal reinen Wein einschenken. In diesem Sinne muss man hoffen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel beim deutsch-französischen Treffen in Toulouse ihrem Gegenüber ordentlich ins Gewissen redet. Ihm klarmacht, dass Freundschaft und Verantwortung für Europa auf keinen Fall eine Einbahnstraße Richtung Paris sein können. So schwierig das in einem Land sein mag, in dem Straßenschilder auch in entferntesten Regionen den Weg dorthin anzeigen.

Denn was der hyperaktive Staatspräsident Nicolas Sarkozy an Vorstößen seit zwei Monaten unternimmt, ist eben nicht nur innerfranzösischen Reformanstrengungen geschuldet. Seine "Mischung aus neoliberalen Steuergeschenken und schuldenfinanzierten Sozialausgaben", die Sarkozy zu einem "politischen Chamäleon machen, das rechts wie links ankommen will" (wie Die Zeit vergangene Woche schrieb), all das rührt auch an Kernstücke europäischer Politik. Und betrifft daher nicht nur das Schicksal der Franzosen, sondern aller EU-Bürger.

Viele Puzzlesteinchen ergeben ein klares Muster: Sarkozy will einen "weicheren" Euro, will der (nach EU-Vertrag politisch absolut unabhängigen) Zentralbank ins Ruder greifen, um der exportschwachen französischen Wirtschaft unter die Arme zu greifen; Sarkozy will nur Franzosen an der Spitze internationaler Institutionen, nach Zentralbank, WTO und Entwicklungsbank auch beim Währungsfonds; er will den Euro-Stabilitätspakt aufweichen, damit Frankreich mehr Schulden machen kann; und jetzt die Doppelführung bei Airbus/EADS aufheben, um - erraten - einen Franzosen schalten zu lassen.

So kann es aber nicht gehen. Der deutsch-französische Motor hat in der Union jahrzehntelang Gutes bewirkt, hat "den politischen Karren oft aus dem Sumpf gezogen". Aber Dominanz der einen Seite hat Europa selten gut getan. (Thomas Mayer/DER STANDARD, Printausgabe, 16.7.2007)