Ergebnisse einer Begegnung mit österreichischen Bauern und deren Problemen: Antje Schiffers "Großes Bauern-Theater" in der Wiener Secession.

Foto: Pez Hejduk

Wien – Die neue Präsidentin der Secession hat es ihren Kritikern einfach gemacht: Angekündigt hat Barbara Holub mit der Konzentration auf lokale Positionen und der Enthierarchisierung der Raumaufteilung nicht notwendigerweise die Provinzialisierung des Programms, dennoch steht man jetzt nicht mehr in einem White Cube, sondern in einem "Großen Bauern-Theater". Inszeniert hat dieses die Künstlerin Antje Schiffers, die seit Jahren diversen Tauschhandel organisiert. Im Gegenwert für die Produkte ihrer Arbeit hat sie schon Texte, Arbeit, Gebrauchsgegenstände oder Gastfreundschaft erhalten.

Für ihren Auftritt in der Secession hat sie den Austausch mit österreichischen Bauern gesucht: Von der Künstlerin mit Videokameras ausgerüstet, haben diese ihren durch den EU-Beitritt erschwerten Alltag dokumentiert, während ihnen die Künstlerin im Gegenzug dafür ein Gemälde ihres Bauernhofes übergibt.

Bevor die Bilder in den Besitz der Bauern übergehen, machen sie jedoch noch Station in der Secession, wo man sich ursprünglich bewusst vom gediegenen Kunsthandwerk verabschiedet hat. Präsentiert werden die Gemälde der Künstlerin, die stilistisch den Geschmack ihrer zukünftigen Besitzer affirmieren, in ländlich gestalteten Settings, in denen auch die Videos der Bauern zu sehen sind: die Betrachter sitzen in einer Holzhütte oder auf Holzstämmen und können von dort aus Einblick in diese zutiefst bedauernswerten Welten nehmen.

Botanisches

Viel weniger fremd als die weit gehend bekannten Probleme der Bauern wirken im Kunstkontext die Fotografien, die die Künstlerin in einem kleinen Dorf in Mexiko aufgenommen hat: "da wo ich war" heißt die Arbeit, die während eines Aufenthaltes in Oaxaca entstanden ist. Neben ihren botanischen Aufzeichnungen von Kräutern und Blumen, die sich dem überlieferten Wissen der dort lebenden Bevölkerung verdanken, liegen in einer Vitrine mehrere an ethnografische Sammlungen erinnernde Fotografien.

Sie zeigen Einheimische, die die Künstlerin mit Kameras ausgestattet hat und zum Fotografieren animierte. Ganz so einfach lässt sich der eingeübte ethnografische Blick auf das Fremde aber leider nicht brechen, und so bestätigen die Fotografien nur einmal mehr die alte romantisierende Vorstellung, dass diese Menschen trotz der harten Lebensbedingungen glücklich sind.

Die dritte Arbeit der Künstlerin, die den Hauptraum der Secession und die Galerie praktisch alleine bespielt, gibt dagegen ein bisschen mehr Auskunft darüber, um was es ihr eigentlich geht: Für das Projekt "Hauptsache man hat Arbeit" bewarb sie sich bei einer deutschen Firma als "Werkskünstlerin", um im Gegenzug für ihre nach den Wünschen der Mitarbeiter gestalteten Wandzeichnungen eine fixe Anstellung zu erhalten.

Das Prekäre

Antje Schiffers wirft darin die Frage der gesellschaftlichen Bewertung unterschiedlicher Tätigkeiten auf und verabschiedet sich deutlich von der alten Vorstellung des Künstlergenies. Dass sie mit ihrer Arbeit auf die zunehmend prekärer werdende Situation von Künstlerinnen und Künstlern aufmerksam macht, ist prinzipiell schätzenswert; den Mitarbeitern der Firma ConiTech wird mit ihren Bildern von Gemüse und Wäldern allerdings ein ziemlich einseitiges Bild zeitgenössischer Kunst geboten, während das Kunstwerk, das Jens Haaning in der Secession präsentiert, zumindest zwei Seiten hat: entweder man liegt mit seinem Gehalt über dem durchschnittlichen österreichischen Jahreseinkommen, das er auf einem Bild mit echten Euro-Banknoten und Münzen dargestellt hat, oder aber man liegt darunter.

Vergleichbar schlechte Arbeiten hat man in der Secession auch schon vor Barbara Holub gesehen; als Auftakt für eine neue Ära hat sie jedoch gerade mit der Präsentation von Antje Schiffers "Bauern-Theater" die denkbar schlechteste Wahl getroffen. (Christa Benzer / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.7.2007)