Foto: Bircher-Benner-Verlag

Wie harmlos alles begonnen hatte! Im Frühling 1982 hat Kathrin Seyfahrt beschlossen, ein paar Kilo abzunehmen. Bei einer Größe von 1,67 Meter wog sie damals 69 Kilogramm. Im Sommer hatte sie ihr Ziel von 55 Kilo durch strenges Diäthalten erreicht. Zufrieden gab sie sich dennoch nicht, im Gegenteil: ihr Ehrgeiz war entfacht und sie hungerte weiter. Etwa ein Jahr später brachte sie nur mehr 45 Kilo auf die Waage, dennoch fühlte sie sich noch immer "zu dick". Mit Appetitzüglern ging es weiter, bis sie nur mehr Haut und Knochen war: 39 Kilo.

Da "fühlte ich mich an einer Grenze angekommen, an der ich die Bedingungen, die ein weiteres Abnehmen erfordern würden, nicht mehr erfüllen konnte. Ständiges Frieren, Hinfallen, Nicht-Sitzen-Können, zunehmende Traurigkeit, Angst - ein hoher Preis für meine schlanke Figur", schreibt sie in ihrem Buch "Mein Weg aus der Magersucht". In diesem Zustand stieß sie auf ein Inserat und beschloss, etwas "dagegen" zu tun.

Drei Jahre nach dem Beginn ihres Fastens wurde Kathrin Seyfahrt stationär in einer Klinik aufgenommen. Die Therapie beinhaltete unter anderem die Förderung der Eigenverantwortung und die Initiative zur aktiven Beschäftigung mit der Ess-Störung. In einem Zeitraum von insgesamt acht Jahren fielen zwei Klinik-Aufenthalte mit einem zwischenzeitlichen Rückfall. Ihre Tagebuchnotizen, die das Buch durchziehen, berichten über äußere Ereignisse, Gruppentherapie und Einzelsitzungen, aber vor allem über ihre innere Entwicklung. Dieser Prozess habe ihr das für ihr Leben Wesentliche klar gemacht.

Das Buch vermittelt einen Eindruck von der immensen Einengung, die eine Anorexie bedeutet. Gleichzeitig wird ersichtlich, wofür diese Krankheit stehen kann: Schutz vor Verletzungen und Überforderung. Ein logischerweise vermeintlicher Schutz, denn die diktatorischen Mechanismen engen das Leben derartig ein, dass eine Entfaltung der eigenen Persönlichkeit im Prinzip nicht möglich ist.

"Warum ich dieses Buch geschrieben habe", erklärt die Autorin im Vorwort: "Ich möchte betroffene Frauen ermutigen, eine Therapie zu machen, sich auf die Auseinandersetzung mit sich selbst einzulassen ... Zugegeben, es war ein schwerer Weg. Aber die Entscheidung, ihn zu gehen, hat sich in jeder Hinsicht gelohnt".
(dabu/dieStandard.at, 25.07.2007)