Elke Szalai und Bente Knoll
Foto: knollszalai
Frauen sind in den Medien deutlich weniger präsent als Männer: 77 Prozent der ExpertInnen-Statements werden von Männern abgegeben. Die InterviewpartnerInnen sind zu 73 Prozent männlich. Und Bilder von Männern sind im Durchschnitt um 25 Prozent größer als jene von ihren weiblichen Kolleginnen. So lautet das Ergebnis der Medienanalyse von Bente Knoll und Elke Szalai, bei der die beiden Genderexpertinnen und Landschaftsplanerinnen fünfzehn Zeitschriften zu den Themen Umwelt und nachhaltige Entwicklung unter die Lupe genommen haben.

Die beiden wollten es aber nicht bei dieser Analyse belassen, sondern einen kleinen Beitrag dazu leisten, dieses Missverhältnis zu verändern. Deshalb erstellten sie einen eigenen Leitfaden zur Mediengestaltung, der hier bereits kurz vorgestellt wurde. Mit "Blickpunkt Gender" können JournalistInnen künftig auch Frauen ins rechte Licht rücken. Gegenüber dieStandard.at erklären die beiden Autorinnen, warum das notwendig ist und wie das gehen soll.

dieStandard.at: Wie kommt der Gender-Gap in der Medienberichterstattung zustande?

Bente Knoll: Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen benachteiligen Frauen nach wie vor. Und da diese auch für die Medien gelten, spiegelt sich diese Realität auch dort wieder.

dieStandard.at: Wenn in der Wirtschaft nach wie vor hauptsächlich Männer das Sagen haben, ist es dann nicht eine Verzerrung der Wirklichkeit weibliche Führungskräfte hervorzuheben?

Elke Szalai: Das kann man so nicht sagen. Es geht nicht darum, Männer einfach durch Frauen zu ersetzen. Frauen arbeiten schon jetzt im Umwelt und Nachhaltigkeitsbereich, deshalb ist es nicht fair, sie nicht als Expertinnen zu präsentieren. Man sollte aber nicht nur Rolemodels zeigen, die anderen ein Vorbild sein können, sondern auch die Problematik, warum Frauen so selten in Führungspositionen gelangen, thematisieren.

Knoll: Es wird ja auch jetzt nicht die ganze Realität abgebildet. Bei Berichten über Tagungen wird meist nur das mit Männern besetzte Podium abgebildet und somit der Eindruck vermittelt, dass nur Männer als Experten Tagungen besuchen dürfen. In der Vorbereitung oder als Teilnehmerinnen in den Workshops sind dagegen viele Frauen zu finden. Es geht uns darum zu thematisieren, wer bei der Berichterstattung auf das Bild kommen soll: Sind nur die Führungskräfte wichtig, oder auch die Arbeit, die dahinter steckt und damit alle MitarbeiterInnen? So kommen auch Frauen ins Bild.

dieStandard.at: Liegt es nicht auch an den Frauen selbst? Treten Männer als Experten selbstbewusster ins Rampenlicht, während Frauen lieber ihre Arbeit für sich sprechen lassen?

Knoll: Die Schuld den Frauen zuzuschieben wäre bedenklich, da sie oft an Strukturen und der Einladungspolitik scheitern. Deshalb muss man beides verändern.

Szalai: Wird nicht nur trockene Theorie präsentiert, sondern auch die sozialen und ökologischen Folgen des Erforschten und damit der Praxisbezug, sind automatisch mehr Frauen als Expertinnen mit dabei. Werden Themen ganzheitlicher betrachtet, kommen Frauen mit aufs Podium und auch in die Medienberichterstattung, da sie sich hier häufiger engagieren.

dieStandard.at: Einige Methoden aus Ihrem Leitfaden sind: Frauen gleich oft und gleich groß ins Bild zu rücken wie Männer, bewusst weibliche Expertinnen zu etablieren und anzusprechen oder Geschlechterstereotype, die Frauen und Männer nur in traditionellen Tätigkeiten zeigen, zu vermeiden. Welche werden zumindest in Ansätzen schon umgesetzt und wo muss noch viel getan werden?

Knoll: Es gibt zwar noch keine Evaluierung, was sich nach dem Leitfaden in den Medien verändert hat, aber die RedakteurInnen berichten uns, dass sie nun bewusster auf die Auswahl ihrer KolumnenschreiberInnen und InterviewpartnerInnen achten und da nicht mehr – ohne groß nachzudenken - nur auf den üblichen, meist männlichen Experten zurückgreifen. Ein großes Manko ist dagegen die geschlechtergerechte Sprache, die gibt es nach wie vor kaum in den Medien.

dieStandard.at: Viele Frauenmagazine heften sich auf ihre Fahnen mit Frauenthemen und Frauenportraits zu punkten. Was machen diese ihrer Meinung nach richtig, was falsch?

Knoll: Meistens sind darin konventionelle Frauenthemen wie Schönheit, Mode oder Diäten überproportional vertreten.

Szalai: Manche ergänzen das Bild um die erfolgreiche Karrierefrau, die Kind, Beruf und Fitness ganz einfach unter einen Hut bringt. Die Unterstützung und monetäre Voraussetzung, die dafür nötig ist, fehlt dagegen. Deshalb zeigen diese Zeitschriften auch nur einen sehr kleinen Teil der gesellschaftlichen Realität.

(Martina Madner)