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Wien - Nun folgt der schwarze Gegenschlag in Sachen Gegengeschäfte: Weil sich der rote Verteidigungsminister im Juni, ohne dafür den Koalitionspartner zu konsultieren, mit dem Eurofighter-Hersteller über eine Reduktion der Stückzahl auf 15 Abfangjäger geeinigt hatte, schlachtet der schwarze Wirtschaftsminister nun genüsslich die Versäumnisse von Norbert Darabos bei dem Deal aus. Am Donnerstag machte Martin Bartenstein via Wirtschaftsblatt publik, dass sich die Kostenreduktion rund um die umstrittenen Abfangjäger auf die Kompensationsgeschäfte niederschlagen werden, und zwar ebenfalls in Form einer aliquoten Reduktion. Vor zehn Tagen habe Eurofighter-Chef Aloysius Rauen den Minister höchstpersönlich darüber informiert.

Wie hoch die Verluste genau sein sollen, sagt Bartenstein nicht. Offiziell geht das Wirtschaftsressort davon aus, dass das Volumen der Gegengeschäfte vier Milliarden Euro, also 200 Prozent des Eurofighter-Kaufpreises betragen hätte sollen. Diese Kompensationsgeschäfte hat der Jet-Hersteller in den 15 Jahren nach Vertragsunterzeichnung zugunsten österreichischer Firmen zu vermitteln.

Darabos' Vergleich sieht jedenfalls Einsparungen im Ausmaß von 370 Millionen Euro vor. Fallen nun heimische Firmen um Aufträge um? Regierungsintern werden bereits konkrete Zahlen kolportiert: Wenn, wie Darabos einmal andeutete, 250 Millionen Euro im Grundvertrag eingespart werden (der Rest durch Reduktion der Betriebskosten), wären Gegengeschäfte im Volumen von 500 Millionen Euro hinfällig. Offiziell bestätigt werden diese Zahlen vorläufig nicht.

Das Verteidigungsministerium weist die Schuld am jüngsten Wickel von sich. Sprecher Answer Lang verweist darauf, dass bei den Verhandlungen mit Eurofighter die Gegengeschäfte nie ein Thema gewesen seien. Dazu habe Minister Bartenstein trotz schriftlicher Bitte vom 15. Mai seinem Amtskollegen Darabos nie den Gegengeschäftsvertrag übermittelt, er kenne daher den Vertrag nicht: "Daher muss sich Bartenstein fragen, ob das geschickt war." Erst im Juli und damit nach Abschluss der Verhandlungen habe Bartenstein knapp mitteilen lassen, dass der Gegengeschäftsvertrag im Eurofighter-Ausschuss aufliege, erklärt Lang.

Parteifreunde Darabos' waren offenbar schon früher und besser informiert. Bereits zum Jahreswechsel sei es im Untersuchungsausschuss um die Gegengeschäfte gegangen, erinnert sich der damalige SPÖ-Fraktionsführer Günther Kräuter: "Dass die Gegengeschäfte mit dem Auftragsvolumen korrespondieren, war uns bekannt. Der Vertrag der Gegengeschäfte war ja Aktenbestandteil im Ausschuss."

Kräuter fordert Bartenstein nun aber auf, "nicht bei jedem Huster in die Knie zu gehen". Von wirklichen Gegengeschäften könne ohnehin keine Rede sein, daher solle die Republik nicht "bittstellerisch" auftreten, sondern "echte Kompensationsgeschäfte" einfordern.

Im Wirtschaftsministerium ist man besonders wegen Darabos' Vorwurf beleidigt, Minister Bartenstein habe das Vertragswerk über die Gegengeschäfte geheim gehalten. Erstens - und das bestätigt ja auch SP-Mann Kräuter - sei der Vertrag tatsächlich im Untersuchungsausschuss aufgelegen. Zweitens habe auch Bundeskanzler Alfred Gusenbauer ein Exemplar bekommen - und zwar schon bei den Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP. Gusenbauer habe dafür extra eine Geheimhaltungserklärung unterschrieben. Das Einzige, was an Darabos' Darstellung stimme, sei die Tatsache, dass der Koalitionspartner den Gegengeschäftsvertrag nicht noch ein drittes Mal bekommen habe. Die entsprechende Anfrage sei mit dem Hinweis erfolgt, man wolle die Gegengeschäfte in den Abschlussbericht zum Eurofighter-Untersuchungsausschuss einarbeiten. Bartensteins Kabinettchef Holger Fürst sagt dazu: "Das war dann mit Darabos' vorzeitiger Einigung mit EADS hinfällig." Freilich habe Bartenstein den Verteidigungsminister am 27. Juni im Ministerrat gewarnt: "Vorsicht, noch nicht unterschreiben, die Gegengeschäfte hängen davon ab." Darabos habe daraufhin erklärt: "Die Gegengeschäfte sind von der Reduktion nicht betroffen, sie werden im beschlossenen Umfang umgesetzt." Auf eine weitere, schriftliche Warnung des Wirtschaftsministers vom 4. Juli habe das Verteidigungsministerium nicht reagiert. (von Gerald John, Petra Stuiber und Nina Weißensteiner/DER STANDARD, Printausgabe, 10.8.2007)