Big Brother is watching you: Die technischen Möglichkeiten werden häufig auch angewandt. Zulässig ist dies aber nur bei "Verdachtsmomenten".

Fotos: STANDARD/Urban, Cremer; Montage: Beigelbeck
Wien - Mitarbeiterüberwachung dürfte häufiger stattfinden als gemeinhin angenommen. Dank technologischer Möglichkeiten sind solche Überwachungen heute leichter möglich, als der Ausdruck "Bespitzelung" suggeriert: Irgendwo im Hintergrund läuft ein Computerprogramm mit, das bestimmte Daten aufzeichnet und auswertet.

Allerdings ließen sich solche Daten nur in den seltensten Fällen auch gegen den Beschuldigten oder gar gegen einen Personenkreis verwenden. Denn für Überwachung gibt es klare Regeln, betont Kurt Retzer, Leiter der Rechtsabteilung der Arbeiterkammer Wien: "Kontrollmaßnahmen dürfen die Menschenwürde nicht berühren", sagt er und nur bei einem begründeten Verdacht - etwa bei Diebstahl - eingesetzt werden.

Klare Regeln

Bevor also eine Bespitzelungsaktion gesetzt wird, sollten klare Regeln gelten, wie sie im Arbeitsverfassungsgesetz definiert sind: Klare Betriebsvereinbarung und bei einem begründeten Verdacht Einschaltung des Betriebsrats. Auch kennt Retzer einige Betriebsvereinbarungen, in denen der - heikle, weil unpräzise - "begründete Verdacht" bereits von vorneherein als Plazet für eine Überwachungsaktion definiert ist.

In der Regel aber beobachten die Experten anderes. "Vorkommen tut alles", sagt Retzer lapidar, wobei sich vor allem bei heimlich installierter E-Mail-Überwachung und ebenso geheimer Protokollierung der Web-Aktivitäten ein weites Feld auftut. Da schwirren dann Protokolle herum, auf die sich das Unternehmen per Gesetz und vor dem Arbeitsgericht eigentlich nicht berufen kann.

Auf diesen Umstand weist auch Hans Zeger von der Arge Daten hin: Besteht der Verdacht, dass sich bestimmte Personen beispielsweise per E-Mail negativ über den Arbeitgeber auslassen, dürfe dieser zwar den E-Mail-Verkehr überprüfen. Allerdings, fügt Zeger hinzu, stelle sich natürlich die Frage, "woher weiß er das?"

Konkreter Verdacht

Anders sieht es aus, wenn Mitarbeiter aufgrund eines konkreten Verdachts überwacht werden, berichtet Martin Gleitsmann von der Wirtschaftskammer. Er verweist auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofs vom Vorjahr, der das versteckte Filmen einer Verkäuferin als rechtens erachtete. Davor hatte sie sich wegen Unregelmäßigkeiten in der Kasse verdächtig gemacht.

Kaum noch Vorwürfe kommen den Arbeitsrechtlern wegen der Verwendung des Firmentelefons zu Ohren. "Die Firmen-Telefonanlage ist Festnetz und die Mitarbeiter tätigen ihre Privattelefone lieber vom Privathandy aus", sagt Retzer.

Trend zur Mobiltelefonie

Problematisch ist der Trend zur Mobiltelefonie freilich aus anderen Gründen, wie der Sicherheitsberater und einstige Cobra-Mann Wolfgang Bachler erläutert. Anzapfen von Handys zähle zum fixen Repertoire in der Wirtschaftsspionage, erzählt Bachler, der gerade mit seinem Sicherheitsauftrag für die AUA von sich Reden machte. Laut Schätzungen beläuft sich das Volumen der Wirtschaftsspionage in Österreich auf mindestens drei Milliarden Euro. Ebenfalls im Trend seien die Schaffung abhörsicherer Räume, die Kategorisierung von Informationen nach Geheimhaltungsstufen und Maßnahmen gegen "Social Engineering". Darunter versteht man da "Anbaggern" von Geheimnisträgern, um über den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses letztendlich an Daten heranzukommen.

Bachler verspürt einen starken Trend zu derartigen Sicherheitskonzepten für Unternehmen. Von Bespitzelung von Mitarbeitern hält er hingegen nichts, wie er sagt. (Johanna Ruzicka, Andreas Schnauder, Karin Tzschentke, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.8.2007)