Zumindest für Aufregung hatte der Kommentar gesorgt, den die "Irish Times" am 11. Mai online gestellt hatte. Im Text "Die Obsession irischer Frauen mit Fake-Teint ist problematisch" argumentierte eine Autorin mit dem Namen Adriana Acosta-Cortez, dass Irinnen, die ihre Haut künstlich bräunen, jene Frauen verspotten würden, die von Natur aus einen dunkleren Teint hätten. Sie trügen im Prinzip nur ein "exotisches Kostüm". 

Eine gewagte These, die einige Diskussionen in sozialen Medien nach sich zog und den Artikel laut "Guardian" zum am zweiterfolgreichsten des Tages machte. Das erwies sich allerdings nicht als das einzige Problem mit dem Text. Denn Acosta-Cortez, beschrieben als in Dublin lebende 29-jährige Ecuadorianerin, die im Gesundheitssektor arbeitet, stellte sich als erfundene Person heraus.

Böses Erwachen

Tags darauf meldete sich ein Twitter-Account unter dem Namen der angeblichen Verfasserin zu Wort: "Ich bin ehrlich traurig, dass eine einst respektable Nachrichtenquelle sich mit derart spaltendem Mumpitz selbst degradiert, um Klicks und Traffic für die Website zu generieren. Ihr braucht einen besseren Überprüfungsprozess, als einfach nur eine glaubwürdige Gmail-Adresse." Garniert wurde die Botschaft mit einem Link zu einem "Irish Times"-Artikel darüber, ob die "Roboter-Unterwanderung" der Medien bereits begonnen hat.

Wenige Stunden später verschwand der Text, unter der Überschrift fand sich nur noch der Hinweis, dass er aufgrund einer laufenden Überprüfung entfernt wurde. Später ergänzte man, dass man den Verdacht hege, dass es sich nicht um einen originären Text handle. Am Sonntag schließlich äußerte man sich weiter zur Causa: "Wie in jedem 24/7-Newsbetrieb arbeiten wir an manchen Tagen besser als an anderen. Aber letzten Donnerstag haben wir versagt", so Chefredakteur Ruadhán Mac Cormaic. "Es war ein Hoax, die Person, mit der wir gesprochen haben, war nicht, wer sie behauptet hat zu sein."

Man sei einem "koordinierten und absichtlichen Betrug" aufgesessen, der aber auch ein Problem in den eigenen Verifizierungsprozessen aufgezeigt habe. Man werde daraus lernen und sich anpassen.

Der später gelöschte Kommentar sorgte mit der These, dass künstliche Hautbräunung eine Verspottung dunkelhäutiger Menschen sei, für einige Diskussionen.
APA/AFP/Martin Bernetti

Streich als Statement

Die Person hinter dem Hoax gab sich gegenüber dem "Guardian" selbst als studierende, nonbinäre Person aus Irland aus. Sie kritisiert, dass die "Irish Times" in ihrem Statement dem Problem ausgewichen sei, dass man einen "aufhetzenden Artikel mit linksextremem Inhalt" der Klicks wegen publiziert hatte. Ihr sei es aber vor allem darum gegangen, Freunden etwas zum Lachen zu bescheren und die Debatte rund um Identitätspolitik anzuheizen. Sie selbst verstehe sich aber nicht als Alt-Right-Troll, sondern sei nur der Ansicht, dass Identitätspolitik "eine extrem nutzlose Linse" sei, um die Welt zu interpretieren.

Den Fake umzusetzen sei auch recht einfach gewesen. Man habe ein älteres Twitter-Konto wiederverwertet und sei damit einigen spanischen und ecuadorianischen Zeitungen gefolgt. Das Foto der nicht existenten Autorin habe man mit dem Bildgenerator Dall-E 2 erstellt. Der Artikel selber sei zu etwa 80 Prozent von GPT 4.0 generiert worden. (gpi, 16.5.2023)