Jaromir Lang, Chefkonstrukteur bei Aero, zeigt das Cockpit der L-39NG.
Conrad Seidl

Wien/Prag – In den Hallen des tschechischen Flugzeugherstellers Aero Vodochody zeigen stolze Techniker die ersten in Serie gefertigten Flugzeuge des neu entwickelten Typs L-39NG, die derzeit für die vietnamesischen Luftstreitkräfte gefertigt werden. In Vietnam soll ein Dutzend dieser einstrahligen Düsenflugzeuge neben ihrer Rolle als Trainer als leichte Kampfflieger mit Luft-Boden-Kampftauglichkeit bereitgestellt werden. Ein Dutzend Flugzeuge: Das ist derzeit die Jahreskapazität im tschechischen Werk, in dem bereits der nächste Auftrag – wieder zwölf Stück – für Ungarn geplant wird, wo das Flugzeug als Aufklärer eingesetzt werden soll. Und für den tschechischen Heimatmarkt werden reine Trainingsflugzeuge gebaut. Gerne würden die Tschechen auch für das Bundesheer produzieren.  

Denn hierzulande wurden die Planungen der Luftstreitkräfte mehrfach geändert, und sie sehen nun den Kauf von Trainingsflugzeugen als Ergänzung für den Eurofighter vor. Derzeit muss die Ausbildung der Eurofighter-Piloten zu hohen Kosten im Ausland erfolgen, weil das Bundesheer seit dem Ausscheiden der Saab-105 über kein anderes Düsenflugzeug mehr verfügt. Bei einer Präsentation im Werk diese Woche lobten die Hersteller ihr Gerät als "beste Wahl für das österreichische Bundesheer" und strichen die geringen Betriebskosten hervor: Diese beliefen sich etwa auf das, was auch der Betrieb einer militärischen Propellermaschine kostet, deutlich unter 10.000 Euro pro Stunde – und die auszubildenden Piloten könnten sehr rasch auf den Eurofighter umsteigen.

Kein "kleiner Eurofighter"

Auch auf die Fähigkeiten zur Bekämpfung von Erdzielen ist man bei Aero stolz – schließlich wurde die Saab 105 vom Bundesheer seinerzeit auch für diesen Zweck gekauft und dann als "Jagdbomber" bezeichnet. Wobei es dem Bundesheer eben auch auf die Jagdfähigkeiten ankommt – also auf eine mögliche Entlastung der Eurofighter-Flotte bei der Identifizierung von Flugzeugen, zu denen die Verbindung abgerissen ist und die fotografiert oder zur Landung gezwungen werden sollen. Dafür allerdings ist die L-39NG nur bedingt geeignet – und der tschechische Anbieter meint, dass das auch gar nicht nötig wäre: Für echte Abfangoperationen würden ja die bereits im Bundesheer eingeführten Eurofighter nachgerüstet. Österreich brauche keinen "weiteren kleinen Eurofighter", lautet die Devise. Diese Argumentation findet sich auch im dem White Paper, das Aero dem österreichischen Verteidigungsministerium vorgelegt hat.

Dafür verweisen die Tschechen auf umfangreiche industrielle Kooperationsmöglichkeiten. "Die L-39NG ist nicht nur tschechisch, sondern auch österreichisch", heißt es in einem Positionspapier, und der Chef Commercial Officer Filip Kulštrunk erläutert: "Beispielsweise hat Aero im vergangenen Jahr eine Kooperationsvereinbarung mit dem österreichischen Unternehmen Airborne Technologies getroffen. Weitere Verhandlungen über eine Zusammenarbeit mit österreichischen Partnern sind im Gange.“

Dieser Hinweis ist wohl nicht nur an das Verteidigungsministerium, sondern auch an die Wirtschaftskammer gerichtet. Beide hatten sich vor drei Jahren, als die Hubschrauberbeschaffung entschieden wurde, auch wirtschaftliche Impulse von der Zusammenarbeit mit dem italienischen Hersteller Leonardo erhofft. Dieser liefert – in Kooperation mit den italienischen Streitkräften, die Österreich vor jedem Korruptionsverdacht freihalten sollen – nach und nach die AW-169m an das Bundesheer aus. Allerdings ist (auch weil es sich um ein Government-to-Government-Geschäft handelt) kaum wirtschaftliche Kooperation mit Italien entstanden.

Bei der Entscheidung über ein Trainingsflugzeug könnte dies eine Rolle spielen – denn im Bundesheer hat man schon lange ein Auge auf die italienische M-346 geworfen, die dem Vernehmen nach besser als die L-39NG für die Luftraumüberwachung geeignet wäre. Aber auch hier ist Leonardo der Hersteller, und über allfällige wirtschaftliche Effekte für Österreich bei einer Entscheidung für die M-346 ist wenig bekannt.

Neue Transportflieger

Parallel zum Kauf der Jet-Trainer plant das Verteidigungsministerium auch den Kauf von vier bis fünf Transportflugzeugen mit 20 Tonnen Transportkapazität, die die in die Jahre gekommenen C-130 "Hercules" (die österreichischen C-130 waren vor über 40 Jahren schon im Falkland-Krieg eingesetzt) ersetzen sollen. Die Anforderungen sind unter anderem, dass sie das Jagdkommando mit seinen leichten Sandviper-Fahrzeugen, Fallschirmspringer oder auch einen Pandur-Radpanzer aufnehmen können.

Auch hier lohnt der Blick nach Tschechien: Dort wurde dem Verteidigungsministerium eine ähnliche Bedingung gestellt – und der brasilianische Hersteller Embraer konnte zeigen, dass ein Pandur mitsamt seinem Turm innerhalb von vier Minuten durch die Heckklappe seiner KC-390 verladen werden kann. Dieses Flugzeug wäre auch wesentlich schneller als die Hercules (deren neueste Version C-130J ebenfalls für das Bundesheer infrage kommt) – in drei Stunden sei man etwa von Hörsching in Ankara. Embraer verspricht niedrige Betriebskosten und eine hohe Einsatzbereitschaft der mit zwei Turbofans betriebenen Maschinen: Hier würden viele im zivilen Einsatz bewährte Komponenten verwendet – was hohe Verlässlichkeit bedeute. Und: Schon jetzt seien 60 Prozent der Komponenten von 40 Zulieferern aus Europa, das helfe auch der hiesigen Wirtschaft.

Die Embraer KC-390 wird derzeit in Portugal eingeführt, auch Ungarn und die Niederlande sind als Kunden vorgemerkt, Tschechien und Schweden könnten folgen. Und Österreich? Wenn rasch unterschrieben wird, könnte das erste Flugzeug bereits 2025 zulaufen. (Conrad Seidl, 25.5.2023)