Es sind beunruhigende Berichte, die ein israelisches Forschungsteam veröffentlicht: Innerhalb weniger Monate sei die gesamte Population von Seeigeln im Golf der israelischen Stadt Eilat ausgestorben – in manchen Gebieten dauerte dies sogar nur wenige Wochen. Dieses Massensterben von Seeigeln bedroht nun die Korallenriffe im Roten Meer sowie im Mittelmeer

Seeigel Massensterben
Fische laben sich im Mittelmeer an einem sterbenden Seeigel.
Tel Aviv University

Als wahrscheinlichen Auslöser der Epidemie nennen die Forschenden von der Universität Tel Aviv bestimmte pathogene Wimperntierchen, die bereits in den 1980er-Jahren die Seeigelpopulation in der Karibik ausgelöscht haben. Nun breite sich die Epidemie in noch nie dagewesenem Tempo über das Mittelmeer und das Rote Meer aus, wie das Team in Studien, die unter anderem im Fachmagazin "Royal Society Open Science" erschienen, schreibt. Ein infizierter Seeigel könne innerhalb von nur zwei Tagen zu einem Skelett ohne Gewebe werden. Ähnliche Berichte kommen auch aus Jordanien, Ägypten, Saudi-Arabien, Griechenland und der Türkei.

Langstachelige Riffgärtner

Seeigel sind eine entscheidende Spezies für die Gesundheit von Korallenriffen. Als "Riffgärtner" fressen sie Algen, die sonst die Korallen überwuchern und abtöten würden. Die Riffe seien ohnehin schon extrem bedroht, nun komme noch ein weiterer Faktor hinzu, hieß es vonseiten der Wissenschafterinnen und Wissenschafter.

Die Forschenden konzentrieren sich vor allem auf die langstachelige Art Diadema setosum, Gewöhnlicher Diadem-Seeigel genannt. Sie war 2006 erstmals auch im Mittelmeer beobachtet worden und hatte sich seither in der Region stark ausgebreitet.

Video der Universität Tel Aviv zum Seeigel-Massensterben
TAUVOD

Ein auf Wimperntierchen zurückgehendes Massensterben von Diadem-Seeigeln war zunächst im Jänner 2022 auf den US-amerikanischen Virgin Islands aufgefallen. In den Monaten darauf wurden ähnliche Beobachtungen in weiten Teilen der Karibik gemacht. Dann waren auch das Mittelmeer und rasch auch das Rote Meer betroffen. Es sei noch nicht genau absehbar, wie sich das Massensterben auf die Meeresökologie auswirken werde – zumal noch nicht klar ist, ob die Ursache wirklich der karibische Krankheitserreger ist.

Einzellige Parasiten

Über den einzelligen Parasiten als Ursache hinter dem Massensterben von Seeigeln in der Karibik hatte ein Forschungsteam im April im Fachmagazin "Science Advances" berichtet. Dort ging die Zahl Atlantischer Diadem-Seeigel (Diadema antillarum) in den betroffenen Gebieten um 85 bis 95 Prozent zurück. Über das Risiko für andere Seeigel-Arten ist bisher wenig bekannt.

Der israelische Zoologe Omri Bronstein warnte, man müsse umgehend handeln, um noch gesunde Diadem-Seeigel zu retten. "Wir müssen einen Zuchtbestand dieser Art bewahren, in isolierten Wassersystemen, fern von Meerwasser." Nur so könne man die Tiere retten und in Zukunft wieder vermehren. (kri, APA, 25.5.2023)