Der ChatGPT-Anbieter OpenAI zieht angesichts der bevorstehenden Vorschriften der EU für künstliche Intelligenz (KI) einen Rückzug aus Europa in Erwägung. Vor einem solchen Schritt werde OpenAI sich zunächst bemühen, die europäischen Vorgaben einzuhalten, sobald sie feststehen, sagte Sam Altman, Mitgründer und Chef der Microsoft-Beteiligung OpenAI, am Mittwoch auf einer Veranstaltung in London.

Regulierung

"Der derzeitige Entwurf des EU-KI-Gesetzes wäre eine Überregulierung, aber wir haben erfahren, dass er zurückgezogen werden soll", sagte Altman. Der Vorschlag sei noch Gegenstand von Diskussionen.

OpenAI-Chef Sam Altman
Der Gründer von OpenAI, Sam Altman, ist mit aktuellen Regulierungsideen der EU alles andere als glücklich.
AP

Die EU hat sich Anfang des Monats auf den Entwurf eines Regelwerks verständigt. Das Gesetz zur Regulierung von KI sieht vor, dass Unternehmen, die sogenannte generative KI wie ChatGPT entwickeln, verwendetes urheberrechtlich geschütztes Material offenlegen müssen. Vertreter des Parlaments, des EU-Rats und der Kommission arbeiten derzeit die Einzelheiten aus. Neben den Beratungen über die Regulierung will die EU Firmen zu einer freiwilligen Selbstverpflichtung bewegen. Dazu plant die Kommission mit Google und weiteren Unternehmen einen Rahmenvertrag.

Altman schwebt da ein anderer Ansatz, wie er bei dem Gespräch am University College in London betonte: eine Art Kombination aus "traditionell europäischen" und "traditionell amerikanischen" Ansätzen, wie er es nennt. Anders gesagt also ein Spur Regulierung, aber auch nicht zu viel. Zu viel Regulierung könnte nämlich der Vielfalt in diesem Bereich schaden – und da gerade kleinen Unternehmen und der Open-Source-Bewegung, wie Altman betont.

Tursky spricht

Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP) sieht den Kurs der EU durch die Reaktion von OpenAI bestätigt. "Die Reaktion von OpenAI zeigt, dass wir am richtigen Weg sind, Europa darf sich dabei von US-amerikanischen Konzernen nicht unter Druck setzen lassen", erklärte Tursky am Donnerstag. Wichtig sei nun, rasch zu einer klugen Regulierung zu kommen, "die Innovation in Europa ermöglicht, aber gleichzeitig Massenüberwachung oder Social Scoring mittels KI-Anwendungen untersagt".

Hintergrund

Mit der Veröffentlichung von ChatGPT hat OpenAI den aktuellen Hype um generative KI ausgelöst. Die Text-KI kann anhand beliebiger Anfragen sinnvoll klingende Antworten geben. Eine echte Intelligenz steckt dahinter zwar nicht, trotzdem sind die Ergebnisse oft beeindruckend. Allerdings neigen solche Systeme derzeit auch noch stark dazu, Falsches von sich zu geben – das dafür aber sehr von sich überzeugt.

Vorsicht in der EU

OpenAI ist nicht das einzige Unternehmen, das in diesem Bereich in der EU besondere Vorsicht walten lässt. So hat Google sein eigenes ChatGPT-Pendant Bard zwar bereits in 180 Ländern veröffentlicht, dazu zählt aber keines aus der EU. Einen Grund nannte man dafür zwar nicht, hinter den Kulissen war aber auch hier von Vorsicht angesichts anstehender Regulierungsbemühungen der EU die Rede, die man lieber abwarten wolle. (APA, red, 25.5.2023)