Kenneth Anger
Der Filmemacher Kenneth Anger ist bereits am 11. Mai verstorben.
imago images/Everett Collection

Yucca Valley – Mit 20 Jahren gab Kenneth Anger 1947 eine Visitenkarte ab: Mit dem schwulen experimentellen Kurzfilm Fireworks über einen jungen Mann, eine Gruppe Matrosen und sadomasochistische Fantasien. Für seine Ästhetik prompt gelobt, war das der Beginn einer Karriere, die den 1927 in Santa Monica in Kalifornien Geborenen zum Pionier des Undergroundfilms ebenso wie zum Vorreiter des queeren Kinos machen sollte. Wie seine Galerie Sprüeth Magers jetzt bekanntgab, ist Anger bereits am 11. Mai mit 96 Jahren in Kalifornien verstorben.

Zu Angers zentralen Werken gehört auch Scorpio Rising (1963). Zu schmissiger Musik schrauben da Männer am Anfang des 28 Minuten dauernden Films an ihren Motorrädern. Die Kamera fokussiert bald aber auf zum Lifestyle gehörige Lederjacken und die nackte Haut darunter. Zu Rock-'n'-Roll-Nummern kommen über vier Teile schwule Codes, Jesus und Nazi-Ikonografie hinzu. Das sorgte zwar für Irritationen – 2022 wurde der Film aber von der Library of Congress als "kulturell, historisch oder ästhetisch signifikant" beurteilt und als bewahrenswert ins nationale US-Filmregister aufgenommen.

Klatsch aus Hollywood

Nicht zu Unrecht: Angers Ästhetik gilt als Vorbild für spätere Videoclips, ebenso prägte er Regisseure von Martin Scorsese bis Quentin Tarantino. Die Rolling Stones soll er zum Hit Sympathy for the Devil (1968) inspiriert haben. Neben dem Sadismus neigte Kenneth nämlich auch zum Satanismus. Lucifer Rising (1972) dreht sich um eine Beschwörung des umgedeuteten Engels. Für weitere Bekanntschaft sorgte Angers Publikation Hollywood Babylon. In dem Buch von 1965 versammelte er, der stets die Nähe von Berühmtheiten gesucht hatte, Klatsch und Skandalgerüchte der Traumfabrik. Kurz nach Erscheinen wurde der Band verboten, sein Wahrheitsgehalt zu Recht angezweifelt. (wurm, 25.5.2023)