DER STANDARD

Die Ukraine bereitet weiter ihre Frühjahresoffensive vor, und sie wird auch kommen, ist der Bundesheer-Experte Brigadier Philipp Eder überzeugt. 200.000 Soldatinnen und Soldaten stünden bereit. Das große Problem aus ukrainischen Sicht sei allerdings, dass eine "hohe Erwartungshaltung" bezüglich dieser Offensive aufgebaut wurde. Die russischen Streitkräfte bereiten sich ihrerseits schon seit Monaten auf diese Kämpfe vor und werden sich nicht überraschen lassen. Es sei also gut möglich, dass sich am Frontverlauf nicht viel ändern werde.

Welche Perspektiven gibt es 15 Monate nach Beginn des Krieges in der Ukraine? Der Westen liefert immer neue Waffen an die Streitkräfte Kiews, zuletzt ist auch der Weg für moderne F-16-Kampfjets durch die USA freigemacht worden. Aber können diese Jets eine Wende im Krieg bringen, oder braucht es auch andere Initiativen, etwa für Friedensgespräche mit Moskau? Rund um diese Fragen wurde beim Videotalk "STANDARD mitreden" gestritten und diskutiert.

Der Friedensforscher Thomas Roithner ließ mit einem Plädoyer aufhorchen: Er habe seine Zweifel, dass die ukrainische Offensive militärisch viel bringen wird, nichts deute aktuell darauf hin, dass der Krieg auf dem Schlachtfeld entschieden werde. Statt ständig nur über Waffenlieferungen und Sanktionen zu sprechen, sollte der Westen auch versuchen, ob Gespräche mit Russland möglich wären. Dabei sei es ein Fehler gewesen, dass der Westen Vermittlungsinitiativen Chinas zurückgewiesen habe.

"Putin ist kein Gesprächspartner"

Dem widersprach die Russland-Kennerin und langjährige ORF-Korrespondentin in Moskau, Susanne Scholl, heftig: "Für mich stellt sich die Frage, mit wem soll man verhandeln? Die direkten Aggressoren Putin und seine Helfer sind keine Gesprächspartner." Diese wollten sich einen Teil der Ukraine einverleiben, und selbst wenn es ein Abkommen mit Moskau geben sollte, wäre die Ukraine nicht in Sicherheit, so Scholl, weil die Aggression weitergehen würde. Die Politikwissenschafterin Christine Seifert von der deutschen Berghof Foundation vertritt eine differenzierte Position: Die Ukraine brauche Waffen, sie nicht zu liefern, werde den Krieg nicht verkürzen. Zugleich müsse mehr getan werden, um die Ukraine auf einen Frieden vorzubereiten, denn es brodeln gesellschaftliche Konflikte, wenn angesichts des Krieges auch unter der Oberfläche. Welche Konflikte spricht sie hier an? Die Antworten gibt es im Video. 

Sehen Sie außerdem im Talk: Brigadier Eder erklärt, welche Kriegsziele Putin jetzt verfolgt und welche Rolle die F-16-Jets in den Kämpfen spielen werden. Warum gibt es keine Demonstrationen mehr gegen den Krieg mehr in Russland – Susanne Scholl gibt die Antwort. Wenn Russland einen Teil der Ukraine besetzen will, die Ukraine ihr Staatsgebiet aber nicht hergeben möchte, warum glaubt er dennoch, dass es Chancen gibt, die Waffen zum Schweigen zu bringen? Friedensforscher Roithner skizziert im Talk seine Ideen. Moderation: András Szigetvari. (Video: Laura Schmidt, 29.5.2023)