Geigerin Lisa Batiashvili
Lisa Batiashvili intensiv bei Sibelius' Violinkonzert.
RBB / Peter Adamik

Einen Tag nach György Ligetis 100. Geburtstag (28.Mai) gaben die Wiener Philharmoniker mit Dirigent Philippe Jordan im Wiener Konzerthaus jene flächige Komposition Ligetis, die durch Stanley Kubricks Science-Fiction-Film 2001: A Space Odyssey in ihrer unheimlichen Strahlkraft Weltruhm erlangte. Das Orchesterstück Atmosphères profitierte an gewissen Stellen dann auch tatsächlich vom sich flächig zum wandernden Lichtzustand verdichtenden Edelsound des Orchesters, der regelrecht zu brennen schien. Es war ein kurzer Ausflug in die Welt der klassischen Moderne, dem eine Reise in die Welt der fortgeschrittenen und frühen Romantik folgte. Letztere wurde durch Schumanns 2 Symphonie repräsentiert, deren erster Satz wieder einmal blass wirkte. Nicht wegen der Interpretation allerdings.

Autobahn der Spätromantik

Besonders im Scherzo entfaltete das Orchester in der linearen Jagd seine Qualitäten und klang auch im dritten Satz beim lieblichen Innehalten delikat. Von Jordan animiert, gab es sich im Finale fetzig und opulent auftrumpfend. Das Glanzstück des sonntägigen Vormittags aber dank Geigerin Lisa Batiashvili. Beim Violinkonzert von Jean Sibelius demonstrierte sie souverän, was emotional aufgeladene Virtuosität an Ausdruckskraft bewirken kann, wenn ohne Zaghaftigkeit und mit Sicherheit interpretiert wird. Es war eine Raserei über die Autobahn der Spätromantik, die sich in einen pointierten Tanz der Motive verwandeln konnte oder zu Gesängen der glutvolle wie der intimen Art.

Packend welche Intensität Batiashvili auch in den Einzelton hineinlegen konnte – auch bei der Zugabe. Igor Lobodas Requiem for Ukraine führte sie vom schmerzvoll aufsteigenden sanglichen Momenten zum traurig verstummenden Finale. Grandios. (Ljubisa Tosic, 29.5.2023)