Recruiterinnen und Recruiter können nun superschnell Gesuche veröffentlichen: einfach den Jobtitel eintragen, Dienstort angeben, und schon erstellt die KI eine ansprechende Stellenanzeige. Das verspricht die österreichische Jobplattform karriere.at dieser Tage. Sie hat das automatisierte Schreibtool ChatGPT in die Erstellung von Jobanzeigen online integriert. Firmen bräuchten sich keine großen Gedanken mehr über Formulierungen und einladende Sätze machen, ChatGPT kümmert sich darum. 

Immer häufiger lassen Unternehmen ihre Stellengesuche von Bots schreiben.
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Freilich wird es besonders personalisiert, je mehr Hinweise eine Recruiterin oder ein Recruiter beim Eintragen bereitstellt, zeigt die Jobplattform in einem Kurzvideo auf Youtube. Und natürlich der Tipp: Vor Veröffentlichung noch einmal durchlesen und überarbeiten. So weit, so automatisiert. Auch die weltweite Jobplattform Linkedin hat bereits im März ein ähnliches Tool eingeführt und will es potenziellen Arbeitgebenden damit vereinfachen, ein ansprechendes Inserat an Jobsuchende zu schicken. Dabei sammelt Linkedin alle relevanten Daten aus dem Profil des Unternehmens und baut daraus einen Text.

Die österreichische Jobplattform hat nun auch ChatGPT integriert.

Doch wie sinnvoll ist die Nutzung? Der Chef von karriere.at fand dazu eine klare Meinung: "Gerade kleinere Unternehmen ohne eigene Personalabteilung müssen jetzt weniger Energie in die Formulierung von Stelleninseraten stecken, da ChatGPT ihnen einen fertigen Entwurf liefert, den sie anschließend noch personalisieren und bearbeiten können." Die gesuchten Verantwortlichkeiten, Anforderungen und Qualifikationen schreibt die KI schon einmal vor, inklusive Angaben zu Mindestbruttogehalt und Benefits.

Floskeln sind out

Heute sind Stellenanzeigen jedenfalls einem besonders hohen Druck ausgesetzt. Der Arbeitsmarkt hat sich stark gewandelt, Bewerbende haben auf dem Markt fast schon freie Wahl: Überall fehlt es an Arbeitskräften, sie können sich aussuchen, wo sie arbeiten wollen. Ein Gratis-Obstkorb oder After-Work-Partys alleine ziehen nicht mehr. 

Je häufiger sich Stellenanzeigen gleichen und Ähnliches versprechen, desto geringer die Attraktivität für Suchende. Wichtig ist also vor allem der Teil, in dem Rekrutierende die Stellenanzeige selbst noch einmal überarbeiten und ausschmücken. "Vieles, was Eignung und Potenzial am Arbeitsplatz betrifft, ist schwer mess- und qualifizierbar", sagte Sonja Köhne aus der Forschungsgruppe Innovation, Entrepreneurship & Gesellschaft des Humboldt-Instituts für Internet und Gesellschaft dem Technologiemagazin "t3n".

Einfach nur ChatGPT eine Stellenanzeige schreiben zu lassen und dann auf Bewerbende zu warten ist heute schlicht zu wenig. So erklären es auch die Personalberaterinnen und -berater von epunkt in einem Blog. Die sogenannte "Candidate Journey" enthalte zahlreiche Schritte, etwa die Daten von Kandidaten zu analysieren, Muster bei Bewerbungen zu erkennen und daraus Empfehlungen zu generieren. Selbst Unterlagen würden schon automatisiert gesichtet werden. Sinn machen würden die Prozesse, wenn hunderte Bewerbungen gesichtet werden müssen.

Menschen wissen am besten Bescheid

Grundsätzlich wissen jedoch Menschen in einzelnen Teams, wen sie oder wen das Team benötigt und welche Eigenschaften gut ins Unternehmen passen. "Ich empfehle im Recruiting nicht noch weiter in die Digitalisierung zu gehen, sondern wieder näher an die Menschen heranzugehen", sagt dazu die Organisationsexpertin Elisabeth Sechser. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten am besten ihre Kollegenschaft selbst aussuchen können. Obwohl sich in Bewerbungsprozessen bereits viel automatisiert habe, sollten "scheinbar schnelle" Lösungen erst einmal kritisch betrachtet werden, empfiehlt Sechser. 

Das Deutsche Insitut für Wirtschaft empfiehlt jedoch in einem Kurzbericht darüber, wie Unternehmen ChatGPT einsetzen, vor allem Personen im Recruiting einzusetzen, die bereits eine Kompetenz für künstliche Intelligenz und deren Nutzung haben. So können sie etwa besonders auf Jobs in ihrem Unternehmen zugeschnittene Prompts für ChatGPT schreiben, damit es eine passende Stellenanzeige schreibt. 

Als Ausgangspunkt ist ChatGPT meist ausreichend. Dann aber sollten technologiekundige Personen in der Personalabteilung die Konversation mit der KI fortsetzen. Dabei können sie Sätze schreiben wie "Jetzt mache dieselbe Stellenbeschreibung interessanter" oder "Jetzt betone die Notwendigkeit von Fähigkeit XY in der Stellenbeschreibung noch mehr".

In Bewerbungen nicht beliebt

Auch die Antworten auf Stelleninserate, die Bewerbungsschreiben, werden gar nicht mehr so selten von ChatGPT übernommen. Angenommen werden diese aber meist mit Skepsis oder gar nicht. Das Talent-Cloud-Unternehmen iCIMS hat kürzlich seinen achten jährlichen Bericht veröffentlicht, der mit Informationen zu Studierenden und Hochschulabsolventinnen Personalabteilungen einen besseren Einblick in deren Fähigkeiten und Interessen zu geben versucht, um sie mit Stellenanzeigen besser ansprechen zu können.

Die Umfrage wurde von Wakefield Research unter 1.000 US-amerikanischen Absolventinnen und Absolventen durchgeführt, die im letzten Jahr eines BA-Studiengangs eingeschrieben waren. Dem Bericht zufolge sind 47 Prozent der Hochschulabsolventen daran interessiert, ChatGPT oder andere KI-Bots zu nutzen, um ihre Lebensläufe oder Anschreiben zu schreiben. 25 Prozent der Generation Z (Menschen zwischen 18 und 26 Jahren) haben demnach bereits einen KI-Bot verwendet, um ihren Lebenslauf oder ihr Anschreiben zu verfassen.

"Generative KI-Bots haben das Potenzial, sowohl Bewerbern als auch Arbeitgebern zu helfen, produktiver zu sein und besser zu kommunizieren", kommentiert Al Smith, Chief Technology Officer von iCMIS, in dem Bericht. "Von Lebensläufen und Stellenbeschreibungen bis hin zu Angebotsschreiben und Onboarding-Materialien bietet die Technologie Arbeitgebern und Recruitern einen besseren Ausgangspunkt auf ihrem Weg durch die Einstellungsreise."

Stellensuchende, die generative KI nutzen, sollten jedoch vorsichtig sein. In derselben Studie befragten die Forschenden auch 500 HR-Verantwortliche zu mit KI-Unterstützung verfassten Bewerbungsschreiben. 39 Prozent der Personalverantwortlichen gaben an, dass der Einsatz der Technologie bei der Einstellung ein No-Go ist. (mera, 30.5.2023)