Michaela Grubesa
Stand am Montagnachmittag auf einen Schlag im Rampenlicht: die steirische Landtagsabgeordnete Michaela Grubesa.
APA/GEORG HOCHMUTH

Es gab eine Zeit, da wollten wohl nicht viele Menschen Michaela Grubesa sein. Es war Montag, kurz vor 16 Uhr. Und es war ein Moment, an den sich viele in diesem Land noch lange erinnern dürften.

Denn am Montag kurz vor 16 Uhr trat Grubesa vor die TV-Kameras. Und musste verkünden, was niemand verkünden will: Der Vorsitzende der SPÖ ist nun doch der andere; und alles, was seit dem Parteitag über Andreas Babler und Hans Peter Doskozil berichtet wurde, ist null und nichtig.

Grubesa war aber nicht nur die Überbringerin der Nachricht. Sie ist auch die Verantwortliche für den Inhalt. Denn Grubesa war die Leiterin der Wahlkommission für die Abstimmung über den neuen SPÖ-Vorsitzenden auf dem Bundesparteitag am Samstag. Ihr Job wäre es gewesen, dafür zu sorgen, dass bei der geheimen Abstimmung alles korrekt abläuft. Das ist ihr ganz offensichtlich nicht gelungen.

VIDEO: Babler meldet sich nach Bestätigung seiner Wahl bei Pressekonferenz zu Wort.
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Persönliche Drohungen

Seither ist die steirische Landtagsabgeordnete mehr oder weniger abgetaucht. Telefonisch ist sie nicht erreichbar, ihren Rücktritt als Leiterin der Wahlkommission gab sie am Dienstag schriftlich bekannt. Grubesa würden neben öffentlicher Häme aktuell auch viele persönliche Drohungen erreichen, heißt es aus ihrem Umfeld zum STANDARD.

Als Vorsitzende der Kommission hätte sie für eine Nachprüfung des Ergebnisses sorgen müssen, ließ Grubesa in ihrer Erklärung wissen. Für diesen Fehler wolle sie sich in aller Form entschuldigen – bei den Mitgliedern, Delegierten wie auch Sympathisantinnen und Sympathisanten der SPÖ. Aber wer ist die Frau, für die sich seit Montag selbst internationale Medien interessieren?

Die 34-Jährige mit kroatischen Wurzeln hat sich in der steirischen SPÖ sozialisiert und lebt heute in Bad Aussee. Mit 22 trat sie der Sozialistischen Jugend (SJ) bei, zwei Jahre danach wurde sie in den Vorstand der steirischen Jugend-Landesorganisation gewählt. Später stieg die Jus-Studentin zur Geschäftsführerin auf. Bei der Landtagswahl 2015 wurde Grubesa unter dem damaligen steirischen Landeshauptmann Franz Voves zur roten Jugendkandidatin. Dort habe sie sich im Wahlkampf "an der Front", nicht zuletzt in Lokalen und auf Jugendfesten, ins Zeug gelegt, um junge Stimmen für die Roten zu lukrieren, erzählt eine SJ-Kollegin von damals. Die SPÖ stürzte am Wahltag massiv ab, Grubesa schaffte es aber als Abgeordnete in den Landtag, wo sie Bildungssprecherin ihrer Partei wurde.

Das Private ist politisch

Bezüge zur Steiermark liegen auch in einem privaten Detail, das aktuell eine politische Dimension hat: Grubesa ist die Lebensgefährtin des steirischen SPÖ-Nationalratsabgeordneten und Ex-Bundesgeschäftsführers Max Lercher – und der stand vor der Abstimmung an der Spitze der Doskozil-Kampagne.

Auch im Babler-Lager will man Grubesa aber nicht unterstellen, dass die peinliche Panne auf dem Parteitag – ein Mitarbeiter hatte offenbar die Ergebnisse von Babler und Doskozil per Excel-Sheet vertauscht – ein absichtlicher Manipulationsversuch gewesen sei. "Es geht wohl um Dilettantismus, nicht um Vorsatz", sagt ein deklarierter Babler-Anhänger.

"Keine Verachtung verdient"

Die steirische SPÖ-Landtagsabgeordnete Cornelia Schweiner stellt sich schützend vor ihre Parteifreundin Grubesa. Sie teilte ein Solidaritätsposting auf Facebook, "weil ich das aus eigener Erfahrung kenne", wie sie dem STANDARD erzählt. "Mir ist vor Jahren selbst ein Lapsus auf Social Media passiert, und Spott und Häme sind über mich hereingebrochen. Den Zusammenhalt, den unsere Partei immer plakatiert, den habe ich damals vermisst."

Wenn Fehler passieren, gehe es vor allem Frauen so, sagt Schweiner. Sie habe deshalb auch Grubesa am Montagabend persönlich kontaktiert: "Was wir geredet haben, bleibt bei mir, aber ich kann sagen: Sie ist natürlich Politikerin, aber auch Mensch und Mutter. Sie kann eine sehr toughe und straight wirkende Person sein, da hat man vielleicht das Gefühl, dass sie gar nichts umwerfen kann, aber das ist ihr natürlich alles sehr nahe gegangen." Grubesa habe mit anderen zusammen einen fatalen Fehler begangen, für den sie sich fachlich rechtfertigen müsse, dafür aber "keine menschliche Verachtung verdient".

Ungünstige Optik

Zur Tatsache, dass Grubesa die Lebensgefährtin Lerchers ist, sagt Schweiner: "Ich kenne sie lange, und sie ist eine total streitbare Frau, auch parteiintern, die immer ihre eigene Meinung, ihren eigenen Kopf hat. Wer sie kennt, weiß, dass sie von niemand anderem gelenkt wird."

Was aus der Partei allerdings sehr wohl zu hören ist, und das des Öfteren: Aufgrund der ungünstigen Optik hätte Grubesa den Vorsitz der Wahlkommission besser gar nicht erst antreten sollen. (Martin Tschiderer, Colette M. Schmidt, 6.6.2023)