Nationalratssitzungssaal
Nur eine Minderheit will, dass der Nationalrat vorzeitig neu gewählt wird.
Christian Fischer

Linz – Die nächste Nationalratswahl steht regulär erst im Herbst 2024, also in etwa eineinhalb Jahren, an. Immer wieder wurde spekuliert, ob die Legislaturperiode wie vorgesehen fünf Jahre dauern wird – oder ob es zu vorgezogenen Neuwahlen kommen wird. Im Dezember 2021, als Karl Nehammer die ÖVP und das Kanzleramt übernommen hat, waren 67 Prozent der Wahlberechtigten der Meinung, dass das nicht gutgehen würde und die Wahlen vorverlegt würden. Nur 20 Prozent glaubten an eine reguläre Beendigung der Gesetzgebungsperiode 2024.

Inzwischen hat sich das komplett gedreht: Nur 32 Prozent glauben derzeit an vorgezogene Wahlen, 46 Prozent rechnen mit einem Auslaufen der Periode. Ein Vorziehen der Wahl wäre auch nicht populär: Die Hälfte der Befragten will, dass die türkis-grüne Bundesregierung und die Parlamentsmehrheit, auf die sie sich stützt, bis Herbst nächsten Jahres weiter im Amt bleibt.

Nur 31 Prozent wünschen sich, dass möglichst bald neu gewählt wird.

Der Neuwahlwunsch findet nur unter erklärten FPÖ-Anhängern eine Mehrheit – auch die SPÖ-Anhängerschaft, die sich derzeit auf den neuen Vorsitzenden einstellen muss, würde mit einer Nationalratswahl lieber noch zuwarten.

Die FPÖ wäre es auch, die aktuell von Neuwahlen am meisten profitieren würde: Die am Mittwoch abgeschlossene Market-Umfrage für den STANDARD zeigt, dass die Freiheitlichen in der hochgerechneten Sonntagsfrage – wie in allen Vergleichsumfragen seit Spätherbst des Jahres 2022 – auf dem ersten Platz liegen.

ÖVP wäre derzeit der Verlierer

Demnach liegt die FPÖ mit 27 Prozent (unverändert gegenüber der Mai-Umfrage) vor der ÖVP mit 22 Prozent (ebenfalls unverändert gegenüber Mai) und der SPÖ mit 20 Prozent, was einen Rückgang gegenüber der Mai-Umfrage um vier Prozentpunkte darstellt. Im Vergleich zur Wahl 2019 wäre die ÖVP derzeit der große Verlierer. Die Grünen legen um zwei Prozentpunkte zu und landen bei zwölf Prozent. Damit sind sie immer noch unter den knapp 14 Prozent, die bei der Nationalratswahl 2019 erreicht wurden.

Die Neos legen in der Market-Hochrechnung gegenüber Mai um einen Prozentpunkt zu – das ist gegenüber der Wahl 2019 ein Plus von drei Prozentpunkten. Auch die KPÖ hat gegenüber Mai leicht zugelegt und hat nun ebenso wie die Bierpartei (mit je vier Prozent in der Hochrechnung) rechnerisch die Chance, im nächsten Nationalrat vertreten zu sein. (Conrad Seidl, 9.6.2023)