Kurz nachdem eine rechtsextreme Zeitschrift seinen Artikel mit dem Titel "Urlaub bei den Taliban" veröffentlicht hatte, wurde der Wiener Rechtsextremist Herbert F. von den Taliban in Afghanistan verschleppt. Seit einigen Wochen ist er dort in Haft. Die Islamisten werfen ihm Spionage vor.

Außenministerium sucht Lösung

Dem Außenministerium in Wien ist der Fall bekannt. Auf Anfrage bestätigt es die "Verhaftung eines österreichischen Staatsbürgers, der entgegen der seit Jahrzehnten bestehenden Reisewarnung nach Afghanistan gereist ist". Das Ministerium bemühe sich um eine Lösung, obwohl "konsularische Hilfeleistungen in Afghanistan selbstverständlich nur sehr beschränkt möglich" seien, heißt es ergänzend dazu. Man sei mit seiner Familie in Kontakt.

Seit 2021 beherrschen die islamistischen Taliban wieder das Land.
Seit 2021 beherrschen die islamistischen Taliban wieder das Land.
Foto: AP / Ebrahim Noroozi

Die Gefangenschaft des 1939 geborenen Mannes machten österreichische Neonazis auf ihren Telegram-Kanälen öffentlich. Sie informieren dort über den Stand der Dinge und fordern vom Außenministerium Einsatz für die Freilassung von F. Laut neuesten Informationen wurde F. in eine Einzelzelle verlegt, innerhalb der nächsten vier Wochen wolle die Taliban-Gerichtsbarkeit demnach ein Urteil sprechen.

Seit Jahrzehnten aktiv

F. ist seit Jahrzehnten in der rechtsextremen Szene aktiv, er ist einer "der Alten", deren Wort gehört wird. Der Burschenschafter war ein Gründungsmitglied der im Jahr 1988 verbotenen Nationaldemokratischen Partei (NDP) und unterhielt enge Kontakte zu dem im Jahr 2018 verstorbenen Holocaust-Leugner Gerd Honsik. 2021 nahm er an einer Demonstration der Identitären in Wien teil.

Zu den Passionen des ehemaligen Lehrers zählen Reisen an gefährliche Orte. So bereiste er schon in den 1980er-Jahren Afghanistan, als dort islamistisch geprägte Guerillagruppen gegen die sowjetischen Truppen kämpften. Ungewöhnlich für einen Rechtsextremen war eine Visite bei Abdullah Öcalan, dem Gründer der kurdischen Arbeiterpartei PKK. Vor wenigen Jahren besuchte er auch Kämpfer und Kämpferinnen der YPG, die in Nordsyrien gegen den IS kämpfen. In einem Artikel über diese Reise beruhigte F. seine Leser und Leserinnen, die YPG-Angehörigen seien zwar Linke, hätten aber "mit unseren Linken kaum Gemeinsamkeiten". Zu seinen Reisezielen gehörte in den vergangenen Jahren auch der Osten der Ukraine.

Artikel in Szeneblatt

Sein jüngster Artikel über Afghanistan erschien in der Zeitschrift "Info Direkt". Er sei beeindruckt vom regen Leben in den Basaren, Verzweiflung will er in den Straßen nicht wahrgenommen haben. "Info Direkt" gilt als ein Sprachrohr der rechtsextremen Szene und wird regelmäßig von der FPÖ und der deutschen AfD mit Inseraten bedacht. In dem Blatt wird besonders betont, dass Afghanistan wieder sicher sei, nach dem "Sieg der Taliban über die US-Besatzer und deren Lakaien". Damit dürfte auch das Bundesheer gemeint sein, das ebenfalls bis 2021 in Afghanistan im Einsatz war. Derartige Reiseberichte kommen der rechten Szene gelegen, denn in ein sicheres Land kann man Geflüchtete unbedenklich abschieben. Das Vorgehen der Taliban gegenüber F. belegt aber anderes. (Markus Sulzbacher, 12.6.2023)