Milojko Spajić ist Spitzenkandidat von "Europa jetzt".
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Podgorica – Die im Vorjahr gebildete proeuropäische Bewegung "Europa jetzt" hat sich bei der Parlamentswahl in Montenegro laut ersten, inoffiziellen Resultaten die meisten Stimmen gesichert. Wie das nichtstaatliche Wahlforschungsinstitut Cemi am Sonntag mitteilte, hat die Partei von Milojko Spajić 28,8 Prozent der Stimmen erhalten, gefolgt von der Demokratischen Partei der Sozialisten (DPS) mit 23,2 Prozent.

Die proserbische und prorussische Koalition "Für die Zukunft Montenegros" landete demnach mit 15,8 Prozent an dritter Stelle. Die proeuropäische Koalition von Demokraten und URA kam auf 12,5 Prozent. Cemi hat die vorläufigen Resultate nach der Auszählung von 55 Prozent der Stimmen mitgeteilt. Die Wahlbeteiligung lag bei nur 56 Prozent, was wesentlich niedriger ist als bei der Parlamentswahl im Jahr 2020 oder der Präsidentschaftswahl in diesem Frühjahr.

Đukanović verlor Präsidentenwahl

Die Präsidentenwahl Anfang April hatte der Kandidat der Bewegung "Europa jetzt", Jakov Milatović, gewonnen. Der langjährige Spitzenpolitiker Milo Đukanović musste zum ersten Mal seit 1991 eine persönliche Niederlage einstecken.

Die Partei "Europa jetzt" gibt sich als modernisierungsfreudig. Sie will das Land in die EU führen, lehnt sich zugleich aber auch stärker an das Nachbarland Serbien an. Spitzenkandidat Spajić wird voraussichtlich Partner für eine Koalition brauchen. Die ehemalige Präsidentenpartei DPS, von deren Spitze sich Đukanović nach seiner Wahlniederlage zurückzog, dürfte zweitstärkste Kraft werden. "Europa jetzt" betrachtet sie aber vorerst nicht als potenziellen Koalitionspartner.

Đukanović bestimmte seit dem Zerfall Jugoslawiens in wechselnden Funktionen die Politik in der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik. 2006 führte er sie in die Unabhängigkeit, 2017 in die Nato. Seit 2012 verhandelt das Land mit 600.000 Einwohnern über einen Beitritt zur EU.

Der Machtverlust des Langzeitherrschers Đukanović begann 2020, als seine DPS und ihre Partner bei Wahlen erstmals die Parlamentsmehrheit verfehlten. Die nachfolgenden mehrheitlich proserbischen Regierungen erwiesen sich als instabil, weshalb es nun zu den vorgezogenen Wahlen kam. (APA, red, 11.6.2023)