Betroffen wäre von der Chatkontrolle der EU unter anderem Whatsapp.
Betroffen wäre von der Chatkontrolle der EU unter anderem Whatsapp.
APA/dpa/Bernd Weißbrod

Es gibt wenige Gesetzesvorhaben, die mit so viel Gegenwind zu kämpfen haben wie die Chatkontrolle der EU. Um den Schutz von Kindern und Jugendlichen zu verbessern, sollen Messenger wie Whatsapp und Signal mit dieser dazu gezwungen werden, am Smartphone ihrer Nutzer nach Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern zu suchen – eine Maßnahme, die laut Datenschützern einer Unterwanderung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gleichkommt.

Obwohl sich in der Zwischenzeit auch Kinderschützerinnen und Kinderschützer aus Österreich und Deutschland gegen das Gesetzesvorhaben ausgesprochen haben, sind die EU-Kommission, aber auch einige der Mitgliedsstaaten nicht davon abzubringen. Das bestätigt ein neuer Bericht von Netzpolitik.org, laut dem die Mehrheit der EU-Staaten für die Chatkontrolle ist. Ein beachtlicher Teil möchte demnach sogar die Audiokommunikation in Scans inkludieren. Diese Informationen gehen auf eine Umfrage unter den Mitgliedsstaaten und ein Protokoll der Verhandlungen zwischen den Ständigen Vertretern ebendieser zurück, die Netzpolitik.org im Volltext veröffentlicht hat.

Großteil für die Chatkontrolle

Konkret haben sich laut dem Bericht 19 der 27 Mitgliedsstaaten dafür ausgesprochen, Messenger zur Suche nach Darstellungen sexualisierten Missbrauchs von Kindern zu verpflichten. Dagegen sei nur Österreich, der Nationalrat hat sich Ende letzten Jahres gegen das Vorhaben ausgesprochen. Deutschland habe sich bisher nur klar gegen den Scan verschlüsselter Kommunikation positioniert. Klar für die Miteinbeziehung verschlüsselter Chats sind laut Netzpolitik.org hingegen 13 Staaten. Weitere 13 Staaten seien dafür, auch Audiokommunikation zu scannen. Für die Suche nach Grooming, also der Kontaktanbahnung, seien hingegen 16 Staaten.

Das ist auch deshalb interessant, weil sich die Justizministerinnen und Justizminister von Deutschland, Österreich, Liechtenstein, Luxemburg und der Schweiz Mitte Mai mit scharfer Kritik an der Chatkontrolle zu Wort gemeldet haben. Ihre Position beruht auf zwei Gutachten des juristischen Dienstes des EU-Rats und des wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments.

Justizminister gegen das Vorhaben

Diese halten unter anderem fest, dass der geplante Scan interpersoneller Kommunikation das Recht auf Schutz des Privatlebens und privater Kommunikation antasten könnte. Außerdem sei "die vorgesehene Aufdeckungsanordnung nicht verhältnismäßig". Die Justizminister sind deshalb der Ansicht, dass es "umfassende Änderungen an der Ausgestaltung der Aufdeckungsanordnung" brauche, "um eine EU-Grundrechtskonformität zu erreichen".

Auf technischer Ebene sollen Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder anhand sogenannter Hashes gefunden werden. Dabei handelt es sich um eine Art digitaler Fingerabdrücke bekannter Inhalte, die mit verschickten oder empfangenen Nachrichten abgeglichen werden können. Außerdem soll Grooming erkannt werden können, also die Kontaktanbahnung zu Kindern. Das Problem: Auf technischer Ebene sind diese Systeme noch sehr ungenau, was zu sehr vielen falsch-positiven Ergebnissen führen könnte. (mick, 13.6.2023)