Arcadi Volodos im Konzerthaus: Hingabe und Präzission.
Arcadi Volodos im Konzerthaus: Hingabe und Präzission.

"Stille Musik", "Schweigende Musik" – so lautet der Titel des Zyklus Música Callada von Federico Mompou auf Deutsch. Es sind rätselhafte 28 Miniaturen, die zwischen 1959 und 1967 als späte Werke des katalanischen Komponisten entstanden, von denen der Pianist Arcadi Volodos im Wiener Konzerthaus eine Auswahl von einem Dutzend präsentierte: Folkloristisches Flair schwingt atmosphärisch immer mit, bleibt dabei jedoch eher im Hintergrund. Dissonante Melodien mit fast sperrigen Sprüngen umspielen eine Harmonik nach dem Vorbild von Claude Debussy, das Ganze ist tatsächlich meist leise und langsam tastend, reduziert, die einzelnen Sätze sind zugleich entwicklungsarm und ausdrucksreich.

Arcadi Volodos spielt sie mit äußerster Konzentration und Hingabe – sie passen auch ganz hervorragend zu seiner Art des Spiels, die sich vielleicht mit "bewusste Antioberflächlichkeit" umschreiben ließen. Virtuose Fertigkeiten sind für ihn vollkommen selbstverständlich, zur Schau stellen mag er sie aber offensichtlich nicht. Und so geht sein Blick im fast ganz abgedunkelten Saal gleichsam in sich selbst hinein. Sogar die rauschenden Kaskaden in Franz Liszts Ballade Nr. 2 h-Moll wirken bei ihm geradezu meditativ.

Keineswegs auftrumpfend klang bei ihm auch eine Auswahl von Werken Alexander Skrjabins, darunter Etüden, Préludes, die 10. Klaviersonate und schließlich Vers la flamme (Untertitel: "Poème"). Dieses Stück – sein letztes für Klavier aus dem Jahr – wollte Skrjabin in seinem Projekt "Mysterium" verwenden. Wie passend schien es jedoch, dass sich auch Federico Mompous Música Callada aus mystischem Denken speist. Diese Klammer zwischen zwei verblüffend ähnlichen Ansätzen war deutlich zu spüren.

Es gab vier Zugaben – zweimal Skrjabin, eine weitere Miniatur von Mompou sowie ein Stück von Ernesto Lecuona aus dessen Suite Andalucía – und natürlich langen Applaus. (Daniel Ender, 15.6.2023)