Der Europäische Wels (Silurus glanis) gilt als größte ausschließlich im Süßwasser lebende Fischart Europas. Normalerweise trifft man Exemplare von einem bis eineinhalb Meter Länge an, aber da Welse zeitlebens wachsen und ein stattliches Alter von über 80 Jahren erreichen können, werden bisweilen auch regelrechte Giganten gefangen. Einen solchen Riesenfisch hat nun ein Angler in der norditalienischen Lombardei aus dem trüben Wasser des Flusses Po gezogen.

Rekordfisch Wels Po
Alessandro Biancardi kämpfte fast eine Dreiviertelstunde, eher er es schaffte, den 2,85 Meter langen Wels aus dem Wasser zu ziehen.
Foto: Alessandro Biancardi

Monster am Haken

Der Fisch hatte eine Länge von 2,85 Metern – damit dürfte er der größte Wels sein, der je gefangen und sicher dokumentiert wurde. Alessandro Biancardi (23) heißt der glückliche Fischer, und sein Fang übertraf den bisherigen Rekord für einen Wels um vier Zentimeter. "Als er zum ersten Mal auftauchte, ist mir klar geworden, dass ich ein regelrechtes Monster am Haken hatte", berichtete Biancardi. "Ich sah mich alleine dem größten Wels gegenüber, den ich in 23 Jahren gesehen habe."

Das Abenteuer ging übrigens für alle Beteiligten gut aus: Nachdem Biancardi das Ungetüm nach einem 40-minütigen Kampf an Land gezogen und gemeinsam mit Fischerkollegen vermessen hatte, wurde es wieder in die Freiheit entlassen – vermutlich nicht ganz uneigennützig: Als stetig weiterwachsende Art könnte das Exemplar dann in einigen Jahren als noch größerer Rekordwels erneut gefangen werden.

Rekordfisch Wels Po
Um den Fisch nicht noch weiter zu stressen, verzichtete Biancardi darauf, ihn zu wiegen, ehe er ihn wieder in Freiheit entließ.
Foto: Alessandro Biancardi

Je wärmer, desto größer

Eigentlich beschränkte sich das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des Europäischen Welses auf Mittel- und Osteuropa, doch in den vergangenen 25 Jahren hat er auch in südlichen Ländern eine neue Heimat gefunden. Seit der Wels 2000 in Norditalien eingeführt wurde, kommt der Raubfisch auch im Fluss Po vor, wo mittlerweile regelmäßig teilweise recht beachtliche Exemplare gefangen werden. Der letzte Rekordfang ist erst zwei Monate her: Am 12. April haben Fischer einen 2,81 Meter langen Wels aus dem Fluss Po geholt.

Auch in Nordeuropa ist der Wels beheimatet, allerdings wachsen die Fische dort aufgrund des kälteren Klimas deutlich langsamer. In einer Studie im Fachjournal "Scientific Reports" aus dem Jahr 2022 dokumentierten Fachleute ein 1,95 Meter langes Exemplar als größten in Schweden gefangenen Wels. Sein Alter wurde auf etwa 70 Jahre geschätzt. Zum Vergleich: Der nun in Norditalien gefangene Wels dürfte wahrscheinlich kaum älter als 20 bis 30 Jahre sein, schätzen Experten.

Rekordfisch Wels Po
Wenn ihm nicht die Trockenheit in Norditalien den Garaus macht, könnte der ohnehin schon stattliche Wels noch ein ganzes Stück weiterwachsen.
Foto: Alessandro Biancardi

Verdrängter Stör

Hohe Temperaturen, eine geeignete Umgebung und reichlich Nahrung könnten daher in den nächsten Jahren im Po zu weiteren Rekordfängen führen – vorausgesetzt, der Wassermangel bereitet den Fischen nicht zu große Probleme. Bereits im April dieses Jahres war der Wasserstand des Po so niedrig wie zuletzt im Sommer 2022. Biologen vermuten allerdings, dass der Wels damit wohl besser zurechtkommt als der einheimische Adriatische Stör (Acipenser naccarii), den der Wels mittlerweile fast vollständig verdrängt hat. (Thomas Bergmayr, 17.6.2023)