Im Gastblog zeigt Physikerin Andrea Navarro-Quezada die Bedeutung von Schallwellen für unseren Alltag und die Forschung.

Fast jeder und jede von uns kennt den Begriff einer Welle. Eine Welle ist eine periodische Bewegung oder Schwingung, die wir zum Beispiel an der Wasseroberfläche in einem Teich (besonders, wenn Enten darin schwimmen), im Meer oder in einem Glas mit Wasser beobachten können.

In der Physik wird zwischen zwei Arten von Wellen unterschieden: jenen, die sich nur in einem Medium (Wasser, Luft und so weiter), und jenen, die sich auch in Vakuum ausbreiten können. Licht oder elektromagnetische Wellen gehören zur zweiten Kategorie. Schallwellen zur ersten.

Eine Welle hat eine bestimmte Amplitude beziehungsweise Höhe und eine Frequenz. Die Frequenz beschreibt einen sich regelmäßig wiederholenden Vorgang, zum Beispiel den Wechsel zwischen Tag und Nacht durch die Erdrotation um die eigene Achse oder den Herzschlag im Körper (Schläge pro Minute). Normalerweise wird die Frequenz in Hertz gemessen und gibt an, wie oft sich ein Vorgang in einer Sekunde wiederholt.

Schallwellen im Alltag

Wir sind tagtäglich von Schallwellen umgeben: Musik, Naturgeräusche, Sprache und vieles mehr. Diese Schallwellen entstehen durch die Schwingungen, die Luftdruckveränderungen erzeugen, die sich dann durch die Luft ausbreiten können. Die Geschwindigkeit einer Schallwelle in Luft ist 343,5 Meter pro Sekunde. Dieser Wert ist aber abhängig von der Temperatur und dem Medium, in dem sich der Schall ausbreitet – die Schallgeschwindigkeit im Wasser etwa beträgt 1.400 Meter pro Sekunde.

Schallwellen, die von einem Mund ausgehen
Schallwellen werden etwa vom Menschen beim Sprechen erzeugt, kommen aber auch in der Medizin zum Einsatz.
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Unsere Stimmbänder funktionieren analog zu den Saiten einer Gitarre: Durch die gespannten Muskeln im Kehlkopf werden sie zum Schwingen gebracht, und es werden Töne erzeugt, die die Stimme eines Menschen bilden. Je mehr die Bänder gespannt sind, desto höher ist die Frequenz und der Ton. Tatsächlich kommt das Wort "Ton" aus dem Altgriechischen und bedeutet Spannung. Die Frequenzen, für die das menschliche Ohr empfindlich ist, liegen im Bereich von 20 bis 20.000 Hertz. Schallwellen mit einer höheren Frequenz werden als Ultraschall bezeichnet.

Wie Lichtwellen können Schallwellen absorbiert oder reflektiert werden. Das haben die meisten von uns schon einmal unbewusst erlebt. Zum Beispiel wenn wir in einem leeren Raum reden. Die Schallwellen werden von den Wänden reflektiert, und man hört einen Hall. Stehen Möbel und Pflanzen im Raum, werden die Schallwallen von den unterschiedlichen Gegenständen reflektiert und auch absorbiert. So bleibt der Hall aus. Man spricht umgangssprachlich von der Akustik im Raum.

Anwendungen von Schallwellen

Das Prinzip der Reflexion der Schallwellen wird bereits vielseitig angewendet. Ein Beispiel ist das Sonar, um U-Boote in den Meerestiefen zu lokalisieren: Befindet sich ein U-Boot im Meer, werden die Schallwellen vom U-Boot reflektiert und können mittels eines Detektors eingefangen werden. Die Zeit, die die gesendeten Schallwellen brauchen, um reflektiert und wieder detektiert zu werden, dient dazu, die Entfernung des U-Boots zu bestimmen. Je weiter weg, desto länger dauert es, bis die reflektierte Schallwelle zurückkommt. Der Frequenzbereich bei Sonaren liegt zwischen 50 und 15.000 Hertz.

Ein zweites Beispiel ist die Sonografie, die Ultraschallwellen mit einer Frequenz von über 20.000 Hertz für die Bildgebung in der Medizin anwendet. Hier werden die Ultraschallwellen, die zentimetertief in den Körper eindringen, vom Gewebe, den Muskeln, Organen und Knochen je nach Dicke und Dichte entweder absorbiert oder reflektiert. Beim Erzeugen eines Ultraschallbildes sind die Stellen, die die Wellen durchlassen (zum Beispiel Flüssigkeiten), dunkel, und die Stellen, an denen die Wellen zurückgeworfen werden, hell zu sehen.

Neueste Forschung mit Ultraschallwellen

Obwohl Ultraschallwellen in der Medizin schon seit mehreren Jahren für die Bildgebung angewendet werden, werden immer wieder neue Anwendungen erforscht. Wie neulich in "The Lancet Oncology" berichtet, könnten Ultraschallwellen auch für eine verbesserte Behandlung von Hirntumoren, sogenannten Glioblastomen, eingesetzt werden. Dafür wird ein kleines Gerät, das Pulse mit Ultraschallwellen erzeugt, auf dem Gehirn eingesetzt. Zur selben Zeit werden kleine mikrometergroße Bläschen in die Blutgefäße injiziert, die durch die Ultraschallwellen zum Vibrieren gebracht werden, um die Blut-Hirn-Schranke im Gehirn zu überwinden. Normalerweise dient diese Blut-Hirn-Schranke als Schutzmechanismus, damit nicht jede Substanz durch die Hirngefäße fließen kann. Das gilt aber auch für manche Medikamente, sodass die Wirkung von einer Chemotherapie durch die Blut-Hirn-Schranke behindert wird. Dank dieses neuen Verfahrens können Medikamente effizienter verabreicht und somit Glioblastome besser bekämpft werden.

Dies zeigt, wie facettenreich Schallwellen sein können – und dass trotz der bereits etablierten und bekannten Anwendungen noch einiges unerforscht bleibt. (Andrea Navarro-Quezada, 22.6.2023)