Elfeinhalb Jahre ist es mittlerweile her, dass die neuseeländische Polizei das Anwesen von Kim Dotcom umstellen und durchsuchen ließ und dabei den umstrittenen Internetunternehmer in Gewahrsam nahm. Diesem droht seitdem die Auslieferung in die USA, vor allem wegen zahlreicher Urheberrechtsverstöße, die er mit seiner einstigen Filehosting-Seite Megaupload wissentlich in Kauf genommen haben soll.

Dotcom, der mit bürgerlichem Namen Kim Schmitz heißt und die deutsche und finnische Staatsbürgerschaft besitzt, kämpft seitdem gegen seine Auslieferung an. Er soll mit der Plattform rund 175 Millionen Dollar durch Premiumzugänge und Werbung eingenommen haben. Vor kurzem wurden zwei ehemalige Manager der Megaupload-Betreiberfirma verurteilt, berichtet "Torrentfreak". Die Umstände des Richterspruchs dürften für Dotcom einen Rückschlag bedeuten.

Milde Strafen

Mathias Ortmann wurde vom High Court in Auckland zu 31 Monaten Gefängnis verurteilt, Bram van der Kolk fasste 30 Monate aus. Beide waren verantwortlich für die technische Infrastruktur und Programmierung und besaßen Anteile am Unternehmen. Das High Court ist die höchste Gericht Neuseelands für erstinstanzliche Verfahren. Das milde Urteil ist aber das Resultat einer Abmachung zwischen den Ermittlungsbehörden und den Angeklagten, mit der auch eine Auslieferung in die USA vom Tisch ist. Das Höchstmaß wäre bei zehneinhalb Jahren für Ortmann und zehn Jahren für van der Kolk gelegen.

Im Gegenzug haben sich Ortmann und van der Kolk zu voller Kooperation verpflichtet. Ihre Haft wird zudem aus persönlichen Gründen aufgeschoben, da Ortmanns Frau hochschwanger ist und van der Kolk in die Pflege seiner schwerkranken Mutter eingebunden ist. Ein weiterer Angeklagter, Finn Batato, verstarb vergangenes Jahr an den Folgen einer Krebserkrankung. Damit ist Dotcom der letzte vor Gericht, dem eine Auslieferung droht.

Dotcoms Anwalt Ira Rothken erklärt hierzu, dass das Urteil in Neuseeland nicht auf der gleichen Basis wie die Anklage in den USA steht. Dort wird den Ex-Megaupload-Mitarbeitern neben Urheberrechtsverletzungen auch organisierte Kriminalität und Geldwäsche vorgeworfen, sondern auf einem theoretischen Betrugskonstrukt, das in den Vereinigten Staaten gar nicht verhandelt werden könnte. Weiter anhängig gegen sie sind zivilrechtliche Klagen durch die Branchenverbände Motion Picture Association of America und Recording Industry Association of America.

Dotcom kämpft weiter

Staatsanwalt David Boldt hatte vor der Urteilsverkündung erklärt, dass Dotcom maximal 16 Jahre Haft gedroht hätten, wenn er anwesend gewesen wäre. Dieser hatte allerdings jeglichen Deal mit den Ermittlern verweigert. Dass Ortmann und van der Kolk nun als Belastungszeugen gegen ihn fungieren können, dürfte seine Lage nicht vereinfachen.

Im Kampf gegen seine Auslieferung ist er bereits vor dem Höchstgericht gescheitert. Ausstehend ist noch eine Auslieferungsbescheid von Justizministerin Kiri Allan, die zuvor noch von Dotcom übermittelte Eingaben überprüfen will. Sollte sie dem US-Ersuchen letztlich nachkommen – was allgemein erwartet wird –, bleibt dem Megaupload-Gründer noch die Möglichkeit, dessen Umsetzung mittels Begehr einer rechtlichen Überprüfung hinauszuzögern.

Nachdem er in der Vergangenheit öffentlich Kritik an seinen einstigen Mitstreitern geübt hatte, zeigte er sich nach der Urteilsverkündung verständnisvoll. Diese hätten dem Deal vor allem eingewilligt, da sie des Kämpfens müde seien. Daher verurteile er sie nicht dafür, dass sie "durch die Hölle gegangen" wären. Zudem mutmaßt er, dass sie bereits nach zehn Monaten auf Bewährung entlassen werden könnten.

Bram van der Kolk, Kim Dotcom, Mathias Ortmann und Finn Batato (v.l.n.r.) im Jahr 2012.
AP/Sarah Ivey/NZ Herald

Dazu hat er auch eine eigene Deutung zum Urteil in Bezug auf sich selbst entwickelt, die aber mit der Erklärung seines Anwalts nicht kompatibel zu sein scheint. "Das Resümee dieser geringen Strafen sollte sein, mich nicht in die USA auszuliefern, wo mir 185 Jahre Gefängnis drohen", so Dotcom. "Meine Mitangeklagten erhielten einen Klaps auf die Hand, für den sie den Deal mit der US-Regierung eingegangen sind. Dieser riesige Strafnachlass zeigt, wie verzweifelt das US-Justizministerium und wie schwach seine Anklage ist." Zudem, so sagt er, würden Ortmann und van der Kolk "fürchterliche Zeugen" abgeben.

Während es um die Causa Megaupload in den letzten Jahren still geworden ist, versuchte sich Dotcom weiter als Musikproduzent und veröffentlicht zweifelhafte Botschaften auf Twitter. Seit der erneuten russischen Invasion in die Ukraine im Februar 2022 verbreitet er etwa immer wieder Nachrichten, die dem Kreml-Narrativ entsprechen, das dem Westen die Schuld an dem Krieg zuschiebt. (gpi, 18.6.2023)