Christian Thielemann
Dirigent Christian Thielemann.
APA/BARBARA GINDL

Wien – Ach, die Dritte Mahler. In diesem Großwerk verschmelzen angewandte Musikphilosophie und klingende Naturwissenschaft zu einer himmlischen Harmonielehre. Darunter macht’s Mahler nicht. Vordergründig ist seine Symphonie natürlich auch großes Welttheater mit Spektakel und Sensationen. "Ballett- und Coulissenmusik höherer Ordnung" meinten kritische Zeitgenossen des Komponisten hier zu hören und klassifizierten Mahler flugs als "fidelen Mystiker".

Eine Woche nach Teodor Currentzis und seinem Projektorchester Utopia interpretierten auch Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle Dresden das Werk: licht, nuanciert, weniger existenziell als der Wahlrusse und mehr als sinnliche Feier des Lebens, mit Thielemann als tapsigem Tanzbär. In der gutmütigen, deeskalierenden Akustik des Musikvereins erfreuten die Damen des Singvereins und die Sängerknaben mit Deutlichkeit und schwingenden Glockentönen, sinnlich und lebenserfahren das Altsolo von Christa Mayer.

Mächtige Schlusssteigerung

Die sensationellen Sachsen musizierten so engagiert wie die Utopisten, wenn auch etwas angespannter. Sowohl Currentzis als auch Thielemann sind ja nicht nur fulminante Antreiber, sondern auch penible Gestalter, was dem langsamen Schlusssatz schlecht bekam. Geschah dieser rastlose Aktionismus aus Angst vor dem Gefühl? In dieser Liebeserklärung Mahlers an die Liebe könnte man den Dingen auch einfach einmal ihren Lauf lassen. Jubel am Sonntagnachmittag nach einer mächtigen, leicht überdehnten Schlusssteigerung. (sten, 19.6.2023)